Kampfjets gegen Plutoniumflieger

■ Beinahezusammenstöße in der Luft über Atomfabrik in Schottland

Shetland-Inseln (taz) – Umweltverbände im Norden Schottlands haben den britischen Transportminister John Prescott aufgefordert, Atommülltransporte per Flugzeug in die schottische Wiederaufbereitungsanlage Dounraey sofort zu stoppen. Der Grund: Allein in den vergangenen acht Monaten hätten Beinahezusammenstöße zwischen Kampfflugzeugen der Royal Air Force und zivilen Maschinen im Luftraum über Dounreay dreimal nur knapp verhindert werden können. Jedesmal habe eine Katastrophe gedroht.

Das gesamte schottische Hochland ist als Tiefflugzone der Royal Air Force ausgewiesen, Unfälle mit Miltärmaschinen geschehen regelmäßig. Der Flughafen des Städtchens Wick an der schottischen Ostküste wird regelmäßig frequentiert von Militärmaschinen. Atommülltransporte für Dounraey werden ebenfalls über Wick Airport abgewickelt.

Jürgen Thomaneck, Vorsitzender der britischen Sektion der Internationalen Umweltschutzorganisation Kimo, fordert von der neuen Labour-Regierung in London, die Plutoniumflüge zu stoppen. „Die Vorfälle zeigen, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes zwischen einer Militärmaschine und einem Brennelemente-Flugzeug ist“, schreibt Thomaneck an Labour-Verkehrsminister John Prescott. „Kimo fordert, daß diese gefährlichen und potentiell tödlichen Transporte gestoppt werden.“

Zwischen 1991 und 1995 wurde der Flughafen Wick von 46 mit Atommüll beladenen Flugzeugen angeflogen. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Die Transporte kamen vor allem aus Deutschland und dort meist von Atomforschungsreaktoren. Viele Flüge fanden auch zwischen den beiden britischen Wiederaufbereitungsanlagen Dounraey und Sellafield statt. Der dafür benutzte Flugzeugtyp BAe 146 ist in der Regel mit vier Tonnen radioaktiven Abfalls beladen.

Doch es sind nicht nur die Beinahezusammenstöße, die Umweltverbände schrecken. Nach Angaben von Lorraine Mann, Sprecherin der Initiative Scotland Against Nuclear Dumping (Sand), wird der Atommüll in Behältern transportiert, die gerade einem Aufprall aus neun Meter Höhe oder einen Zusammenstoß mit einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde widerstehen könnten. „Der Schutz, den diese Behälter bei einem Flugzeugabsturz bieten können, ist nicht mehr relevant“, so Mann.

Der Protest wird unterstützt von Greenpeace und den schottischen Regierungsbezirken, die durch die Organisation Scottish Nuclear Free Local Authorities vertreten werden. Kimo vertritt rund 90 Kommunalverwaltungen in den Anrainerstaaten der Nordsee. Eine Anwort von John Prescott steht noch aus. Hans-Jürgen Marter