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Grüner Wagner punktet gegen grünen Metzger

■ Junge Grüne Wagner und Metzger, Initiatoren von Streitpapieren, führten in Rheinland-Pfalz ihr erstes öffentliches Streitgespräch. Delegierte stimmen für eine Herabsetzung des Wahlalters

Trier (taz) – Landeshauptausschuß (LHA) der rheinland-pfälzischen Bündnisgrünen gestern in Trier. Eine bis dahin eher langweilige Parteiveranstaltung. Um mit dieser Tradition zu brechen, hatte der Landesvorstand die Exponenten der beiden divergierenden Flügel der bündnisgrünen Jugend ins Hotel „Deutscher Hof“ gebeten: Matthias Wagner (23), Politikstudent aus Hessen und Initiator des Papiers „Start in den Staat des 21. Jahrhunderts“. Und Sven Metzger (22), Lokalmatador aus Rheinland-Pfalz und Mitverfasser der Streitschrift „21–75 junge Grüne für das 21. Jahrhundert“. Die Klingen sollten gekreuzt werden. Und um es gleich zu sagen: Das erste öffentliche Aufeinandertreffen der Sprecher der beiden Zukunftsentwürfe der grünen Jugend konnte der aus dem Auditorium heraus als „Freidemokrat!“ desavouierte Wagner für sich entscheiden. Und das bei den eher traditionell orientierten Delegierten des LHA im Lande der Rüben und Reben. Auf diesem LHA zur Jugendpolitik votierten die Delegierten nach dem Streitgespräch zwischen Wagner und Metzger für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Abschaffung der Benotung in den Schulen.

Diese Programmatik hatten zuvor sowohl Wagner als auch Metzger der Partei als Medizin gegen die Politikverdrossenheit bei der Jugend empfohlen. Das war aber auch schon (fast) alles an Gemeinsamkeiten.

Denn das angeblich „visonäre Papier“ der grünen Jugendlichen um Metzger, das bereits von mehr als 100 jungen Parteimitgliedern gezeichnet wurde, ist an keiner Stelle kongruent mit dem Entwurf der Kritiker der Alt-68er in der Partei um Wagner. Die einen (um Wagner) wollen mit neuen, in einigen Punkten auch an den Forderungen junger Christdemokraten orientierten Konzepten die Chancen für die Zukunft der New Generation verbessern. Deren Papier mit den „modernistischen Thesen“ zur Staatsverschuldung und zur Rentenreform, so kritisierte Metzger, sei eine „Vorwegnahme der rot-grünen Koalitionsvereinbarungen“ nach der Bundestagswahl 1998 – und nicht mehr Programmatik für eine eigenständige grüne Politik. Wagner wiederum monierte, daß Metzgers Freunde an angeblich bewährten politischen Traditionen festhalten würden, mit denen nicht nur mit Blick auf die Bundestagswahl kein Blumentopf mehr zu gewinnen sei. Wagner: „Wer den Untermnehmern die Gewinne für die Finanzierung des Sozialstaates inklusive der Renten wegnehmen will, wird erleben, daß diese Unternehmen ins Ausland abwandern werden. Da bleiben dann die Trümmer des Sozialstaates zurück.“ Wagner plädierte für einen steuerfinanzierten Rentenfonds, der wegen der zu erwartenden Gewinnmaximierung an der Börse zu plazieren sei. Er forderte einen radikalen Abbau der Staatsverschuldung im Interesse seiner „und der nachfolgenden“ Generation. Und im übrigen richte sich das Diskussionspapier der jungen Realpolitiker nicht gegen die 68er generell. Nur dagegen, daß sie offenbar nicht mehr in der Lage seien, kontroverse und fruchtbare Debatten zu führen. „Wenn die Industrie den Staat beherrscht, ist die Demokratie am Ende“, hielt Metzger dagegen. Wagner und seine Leute seien auf Bundesebene in der Partei „nicht mehrheitsfähig“. Klaus-Peter Klingelschmitt

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