„Bei einem Knoten wird nicht sofort operiert“

■ Aktionswoche der Krebsgesellschaft informiert über neue Diagnosetechniken bei Brustkrebs

„Vorsorge für das Leben“heißt eine Aktionswoche, die die Bremer Krebsgesellschaft anläßlich der „Europäischen Woche gegen Krebs“in Bremen seit gestern und bis zum 12. Oktober veranstaltet. Obwohl bundesweit über 43.000 Frauen jährlich an Brustkrebs erkranken, gehen laut Krebsgesellschaft nur 35 Prozent zur Vorsorge-Untersuchung. Die Themen „Ursachen von Krebs“sowie neue Diagnosemöglichkeiten stehen deshalb im Mittelpunkt. Wir sprachen mit Ulrich Bonk, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Prävention“der Bremer Krebsgesellschaft, über den aktuellen Stand in der Krebsfrüherkennung.

taz: In den letzten Jahren gab es bundesweit Kritik an der Diagnose von Brustkrebs: Falsch-Diagnosen häufen sich und auch überflüssige Operationen. Wie ist der Stand der Technik heute?

Ulrich Bonk, Bremer Krebsgesellschaft: Die Mammographie hat sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Wir arbeiten mit dem Forschungsinstitut MEVIS an der Bremer Uni zusammen: Mit einer dreidimensionalen Auflösung können Mammographiebilder jetzt noch besser gedeutet und die Geräte optimaler eingestellt werden. Für das alles gibt es gesetzliche Auflagen der Europäischen Gemeinschaft, wie bei der Diagnostik vorzugehen ist. So müssen die Ärzte optimal trainiert sein, die Geräte müssen ganz modern sein, damit die Frauen keine Strahlenschäden davontragen.

Wie wird das in Bremen umgesetzt?

In Zusammenarbeit mit dem Institut MEVIS bieten wir spezielle Kurse an, die die für Mammographie zuständigen Röntgenärzte besuchen. In Deutschland schreibt der Frauenarzt ja eine Überweisung an den Radiologen, der dann eine Mammographie macht. In Schweden gehen die Frauen dagegen sofort und automatisch regelmäßig zum Röntgenarzt. Wir fordern seit Jahren, daß Frauen ab 40 Jahren regelmäßig zur Mammographie gehen. Wenn sich da etwas findet, gehen die Frauen zunächst in eine Spezialsprechstunde. Und dann kann man immer noch eine Nadelpunktion machen. Man muß also nicht gleich operieren. Aber für solch ein gesetzlich einzuführendes Mammographie-Programm ist in Deutschland kein Geld da.

Was bringt die Mammographie für Vorteile?

Die Mammographie bringt nur ab einem bestimmten Alter etwas. Eine 20jährige Frau hat zum Beispiel ganz festes Gewebe, bei einer 60jährigen Frau kann man sehr viel erkennen, weil sich viel Fettgewebe in der Brust befindet. Bei jungen Frauen spielt der Ultraschall eine entscheidende Rolle. Wenn der Arzt zum Beispiel einen tastbaren Knoten in der Brust erkennt und sich weder durch Ultraschall oder in der Mammographie etwas ergibt, gibt es jetzt auch noch ein anderes Verfahren. Bei weiterem Verdacht könnte zum Beispiel eine Feinnadel-Punktion durchgeführt werden. Dabei wird mit einer dünnen Kanüle ein Zellabstrich genommen. Damit läßt sich sehr gut erkennen, was los ist.

Geht es auch um Kostenersparnis, wenn Operationen vermieden werden sollen?

Es geht natürlich auch um Effizienz, das haben große Studien gezeigt. In den USA geht es zum Beispiel immer wieder um die Kritik, daß oft viel zu früh operiert wird. Aber oft wollen die Frauen das selbst, weil sie verunsichert sind. Der Vorwurf von zu vielen Operationen ist also ganz ambivalent. Da muß man einfach jeden Einzelfall untersuchen. Es ist auf jeden Fall nicht so, daß bei einem Knoten in der Brust sofort das Messer angesetzt wird. Wir haben in Bremen so viele gut ausgebildete Gynäkologen. Und man darf natürlich eines nicht vergessen: Durchschnittlich sind acht von zehn Knotenbildungen in der Brust zum Glück gutartig. Fragen: Katja Ubben

Am 9. Oktober informiert der Radiologe Knut Hartmann ab 19.30 in einem Vortrag über „Früherkennung von Brustkrebs“im Sitzungssaal der Bremer Krebsgesellschaft, Am Schwarzen Meer 101-105. Frauenarzt Dr. Peter Weymar steht zu diesem Themenkomplex Rede und Antwort. Außerdem liegen bei Frauenärzten, Radiologen und Apotheken Infobroschüren aus. Weitere Infos zur Aktion gibt es bei der Krebsgesellschaft unter