Kein Beweis für Existenz der BBA

Österreichs Polizei versucht herauszufinden, wer der mutmaßliche Briefbomber ist: ein verspinnerter Einzeltäter oder der Laufbursche einer Organisation  ■ Aus Wien Ralf Leonhard

Jubel im Grazer Landeskrankenhaus: Franz Fuchs, der durch eine von ihm selbst gezündete Bombe verstümmelte mutmaßliche Briefbombenattentäter, hat am Sonntag nachmittag erstmals sein Schweigen gebrochen. Im Verhör bezeichnete er sich als Mitglied der „Bajuwarischen Befreiungsarmee“ (BBA), die in mehreren Bekennerschreiben die Verantwortung für die Briefbombenserien seit 1993 übernommen hat. Allerdings sei er nur „ein kleines Rädchen“ gewesen, jemand, der Botengänge übernommen habe.

Die Ermittler sind jetzt so klug als wie zuvor. Daß der 48jährige Vermessungsingenieur zumindest einen Teil der raffinierten Bomben selbst gebastelt hat, ist durch die Schaltpläne, elektronischen Teile und Vorräte an Nitroglyzerin in seinem Zimmer hinreichend belegt. Es fehlen aber Beweise, daß er für alle fünf Briefbombenserien verantwortlich ist. So wurde zum Beispiel kein Silberfulminat gefunden, wie es bei einigen Artefakten eingesetzt wurde.

Aber auch für die Existenz einer Organisation fehlt bisher jeder konkrete Hinweis. Briefbomben- Chefermittler Robert Sturm erklärte am Sonntag, es gebe keine Hinweise in Sachen Mittäterschaft, man müsse da „ganz von Null“ anfangen. Innenminister Karl Schlögl hat deshalb die in seinem Ministerium oft gepflogene Geheimniskrämerei vermieden und ist in einem Interview mit dem ORF-Mittagsjournal mit der Bitte um Mitarbeit an die öffentlichkeit getreten.

Sechs Fragen gelte es zu beantworten, wenn man Sicherheit haben wolle, ob Fuchs ein genialer Einzeltäter ist oder wirklich einer gefährlichen rechtsradikalen Organisation angehört: Wer hat den Attentäter gekannt und kann noch Aussagen über ihn machen? Hat Fuchs zusätzlich zu seinem Zimmer im Elternhaus im südsteirischen Gralla Unterkünfte besessen? Hatte er Zugang zu Werkstätten und Labors, zu PCs, Druckern und Meßgeräten? Hat er sich historische Literatur oder Sachbücher zu Chemie, Elektronik oder Sprengstofftechnik ausgeborgt? Wurde er mit anderen Personen gesehen? War er seit 1989, als er seine Arbeit als Vermessungstechniker kündigte, bei anderen Firmen beschäftigt? „Mit der Beantwortung der Fragen würden wir einer restlosen Aufklärung sehr nahe kommen“, sagte Schlögl.

Unterdessen hat der sicherheitspolitische Sprecher der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Paul Kiss, den ehemaligen sozialdemokratischen Innenminister Caspar Einem scharf angegriffen. Mehr als eineinhalb Jahre habe Einem das von Kriminalpsychologen erarbeitete „vollkommen richtige Täterprofil aus politischen Gründen unterdrückt“.