■ Die Koalition verkündet eine Lösung in der Einbürgerungsfrage
: Nichts Neues im Westen

„Einbürgerungsgarantie“ nennt die Koalition ihr neues Modell der Staatsangehörigkeit, und positiv denkend könnte man meinen, dies sei ein wichtiger Schritt, um das Blutsrecht durch das Territorialprinzip abzulösen. Doch MigrantInnen tendieren aus Erfahrung zu Skepsis. Sie fragen sich, warum die sonst so kantige und kantherige CDU/CSU-Fraktion einem solchen Gesetzentwurf zustimmt. Also: Was steckt eigentlich dahinter? Und: Welche Verbesserungen werden damit überhaupt erreicht?

Der jetzige Stand ist, daß Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie acht Jahre ununterbrochen in Deutschland verbracht und sechs Jahre lang eine deutsche Schule besucht haben. Sie müssen nicht hier geboren sein.

Der neue Gesetzentwurf spricht nur von hier Geborenen – was passiert mit denen, die im Baby- und Kleinkindalter hierher gekommen sind? Und was passiert mit denen, die sich mit 18 dagegen, mit 28 aber dafür entscheiden? Werden sie nun zeit ihres Lebens nicht mehr Deutsche? So scheint das jetzige Verfahren sogar fortschrittlicher, weil es „nur“ einen achtjährigen Aufenthalt zur Bedingung macht – wird das neue Gesetz den hier Aufgewachsenen ihr Recht auf deutsche Staatsbürgerschaft nehmen, oder werden beide Varianten nebeneinander existieren?

Schließlich ist da noch die Frage nach dem Schicksal der straffällig Gewordenen. Die jetzigen Gesetze erlauben eine Ausweisung von Jugendlichen, egal, ob sie hier geboren und aufgewachsen sind oder nicht. Wird es nun für sie einen Abschiebeschutz geben, weil sie mit 18 sowieso deutsche Staatsbürger werden würden? Oder werden nur jene eingebürgert, die eine „saubere Weste“ haben? Ein Abschiebeschutz scheint in Zeiten des Wahlkampfes, in denen sogar die SPD-Opposition harte Töne anschlägt, ziemlich unwahrscheinlich.

So wird man den Eindruck nicht los, daß die Koalition nur darauf abzielt, ihre internen Streitigkeiten in der Einbürgerungsfrage sauber und völlig nichtssagend loszuwerden, wenn nicht sogar zum Nachteil der MigrantInnen.

Die Elterngeneration bleibt von dem Recht auf Einbürgerung nach wie vor ausgeschlossen. Als junge, gesunde Arbeitskräfte waren sie einst sehr begehrt. Nun sind ihre jungen, gesunden, braven und angepaßten, hier geborenen Kinder als assimilierungsbereite „neue Deutsche“ gefragt. Also: Nichts Neues im Westen? Dilek Zaptçioglu