Kein Beutezug in Brandenburg

■ „Aprilscherz“: Potsdam weist die Forderung des Landes Berlin nach einem Finanzausgleich für abgewanderte Firmen ins Umland zurück

Die Forderung des Landes Berlin nach einem Finanzausgleich mit Brandenburg für abgewanderte Unternehmen, Dienstleistungsfirmen und Einwohner in das benachbarte Umland ist in Potsdam auf Ablehnung gestoßen. Brandenburgs Staatskanzleichef Jürgen Linde erklärte gestern, die Forderung sei der Versuch, „über das Pendeln der Schüler hinaus in Brandenburg Beute zu machen“. Zuvor hatte schon SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler die Forderung als „verfrühten Aprilscherz“ zurückgewiesen.

Senatskanzleichef Volker Kähne (CDU) hatte sich für einen Ausgleich der finanziellen Nachteile ausgesprochen, die das Land durch die Abwanderungsbewegungen in die Region zu tragen hätte. So soll Brandenburg die Einkommensteuerverluste durch den Umzug von Berlinern nach Brandenburg „im Wege einer Art Rückerstattung“ ausgleichen. Auch über eine Kompensation für Dienstleistungs- und Wirtschaftsunternehmen, die von Brandenburg abgeworben würden, müsse verhandelt werden, so Kähne.

Nach Ansicht Birthlers verbirgt sich hinter Kähnes Finanzforderung der späte Versuch, die gescheiterte Fusion der Länder zu revidieren. Birthler: „Es ist Zeit, daß bestimmte Leute in Berlin endlich in der Realität des deutschen Föderalismus ankommen.“ Die Wanderungsbewegung zwischen Berlin und seinem Umland sei völlig normal. Sie habe aus historischen Gründen bislang nicht wie in anderen Regionen stattgefunden. Nach Einschätzung des SPD-Politikers gefährden solche Vorschläge die Chancen für eine gute Zusammenarbeit beider Länder.

Linde verwies auf die Verabredung zwischen Potsdam und Berlin, bei der gemeinsamen Kabinettssitzung am 21. November einen Bericht über einen Gesamtinteressenausgleich vorzulegen. Dazu gehöre auch eine Gesamtbetrachtung der Beziehungen der beiden „untrennbar miteinander verflochtenen Länder“. Der Zuzug von Berlinern nach Brandenburg sei schon früher abzusehen gewesen. Durch diese Wanderung habe sich Brandenburgs Position für die „Neuauflage“ der Ausgleichsgespräche erfreulicherweise verbessert.

Bei der vorangegangenen Sitzung des Koordinierungsausschusses Berlin-Brandenburg im September war der Versuch gescheitert, ein Gastabkommen über den Schülerbesuch abzuschließen. Berlin drängt auf einen finanziellen Ausgleich für Brandenburger Schüler. Aus dem Umland besuchen rund 5.500 Jungen und Mädchen Berliner Schulen, umgekehrt sind es nur etwa 1.500 Schüler. Die PDS-Brandenburg macht sich für einen „kleinen Finanzausgleich“ stark. Berlin dramatisiere die Situation, außerdem seien im vergangenen Jahr auch Betriebe in die Hauptstadt gezogen. rola