Kommunisten fällen Olivenbaum

Italien steht ohne Regierung da: Ministerpräsident Prodi ist zurückgetreten, nachdem die Neokommunisten das Haushaltsgesetz endgültig abgelehnt haben  ■ Aus Rom Werner Raith

Aus für die Regierung Prodi: Unbeugsam haben die Neokommunisten (Rifondazione Comunista), die bisher die linksliberale Olivenbaum-Allianz von außen unterstützt hatten, alle Rettungsversuche für das Haushaltsfinanzierungsgesetz 1998 abgelehnt. Um doch noch die Unterstützung der Rifondazione zu erhalten, hatte die Regierung massive Verbesserungen im Gesundheitswesen ebenso zugestanden wie die Schaffung weiterer Arbeitsplätze auf Staatskosten, speziell im notleidenden Süden. Zuletzt wurde gar noch ein wichtiger Teil des geltenden Rentengesetzes für unantastbar erklärt – das Recht, unabhängig vom Lebensalter bereits nach 35 Beitragsjahren in Pension zu gehen.

Es half nichts: Bei den Neokommunisten, von denen ein Teil lange Zeit kompromißbereit schien, hat sich die harte Linie ihres Generalsekretärs Fausto Bertinotti durchgesetzt. Fraktionschef Oliviero Diliberto warf Prodi vor, so ziemlich alle Ideale der Linken verraten zu haben: „Sie haben so viele Hoffnungen geweckt, vor allem bei den Arbeitern und den Armen dieser Gesellschaft, und sie haben nichts davon erfüllt.“

Die Regierungsparteien hatten hingegen noch einmal an die Verantwortlichkeit der Neokommunisten appelliert. „All die Opfer, die die Bürger Italiens in den letzten Jahren gebracht haben, um in der ersten Gruppe der Euro-Staaten zu sein, könnten nun umsonst gewesen sein“, prophezeihte der Fraktionschef der Linksdemokraten, Fabio Mussi.

Regierungschef Prodi hatte bereits zu Beginn der Debatte angekündigt, daß er bei einer mangelnden Billigung des Haushaltsgesetzes zurücktreten werde. Er begab sich daher sofort nach Bekanntwerden des Votums der Neokommunisten zu Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro, um seinen Rücktritt anzubieten. Scalfaro muß nun entscheiden, wie es weitergeht.

Traditionell konsultiert das Staatsoberhaupt zunächst die Präsidenten des Senats und des Abgeordnetenhauses sowie die früheren Staatspräsidenten, danach beginnt eine Runde mit den Vorsitzenden aller im Parlament vertretenten Fraktionen. Erst wenn er feststellt, daß es keine Aussicht auf Bildung einer stabilen Mehrheit gibt, entscheidet er weiter: Auflösung des Parlaments oder Einsetzung einer sogenannten „Regierung des Präsidenten“. Die dürfte sich dann ohne ausdrückliches Vertrauen des Parlaments nur eine Reihe von Punkten zum Ziel setzen – so etwa die definitive Verabschiedung des Haushaltsgesetzes oder die Sanierungsmaßnahmen für den Zutritt zum Euro.

Scalfaro sieht die Auflösung des Parlaments derzeit nur als allerletzte Möglichkeit: Er würde die Bildung einer neuen parlamentarischen Mehrheit vorziehen, ohne die unbequeme Rifondazione Comunista, am liebsten mit Hilfe der derzeit oppositionellen CDU und CCD, Splitterparteien der auseinandergefallenen Democrazia Cristiana – oder gar unter Einschluß der rechtsstehenden Forza Italia des Mailänder Medienherrschers, des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi.

Eine solche Lösung haben allerdings die Linksdemokraten, Seniorpartner der bisherigen Regierungsallianz, bereits mehrere Male ausdrücklich abgelehnt – sie sei eine „klare Verkehrung des Wählerwillens“.