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Windmonster

Ich hab mein'Campinganhänger in ein' klein' Ort anne Nordsee geparkt. Steht er das ganze Jahr über. In' Sommer mach ich da mein' Urlaub. Was ich hier so richtig genieß: Erstens die Nähe von' Meer, also, wenn ich wollte, könnte ich da jeden Tag baden. Und die gute Salzluft mit ihrn Jodgehalt gibts mit zu. Fritten und Currywurst von den Imbiß gleich nebenan sind allererste Klasse. Auch de Dusche von den Campingplatz funktioniert meistens, und das Klo, das tatsächlich nicht ganz von' Feinsten, was bei über 100 Benutzer an Tag auch kein Wunder ist, auf dies Klo braucht man ja nicht unbedingt rauf, wo der Park doch ganz inne Nähe ist. Kurz gesagt: Ein Paradies ist das! Auch schon vonne Ruhe her, wenn man sich das Gekreische vonne Wasserschitüpen, das Geblubber vonne Motorboote und das Gebimmel vonne Eisverkäufer wegdenkt. Ja, und ganz inne Nähe von diese Idülle soll jetzt ein sogenannter PARK von über 100 Windkrafträder gebaut werden! Als diese Planung durchgesickert war, habn wir, also de Einwohner von den Dorf und de Badegäste, sofort ne Protestversammlung gemacht. In den Gasthof „Zur Eiche“. Der große Saal war proppevoll. Als Gäste warn eingeladen: der Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, der Herr Bürgermeister, der Chef vonne Firma, die de Windräder bauen sollte, Vertreter vonne Banken, die das Projekt finanziern wollten, und ein Vertreter von' Bund für Umwelt und Naturschutz. So'n richtig alternativer Müslitüp. –Der ist bestimmt FÜR de Windräder', haben alle gedacht, aber hatten se sich total verschluckt! Wie der da auf den Windkrafttüpen und auf den Bankmenschen losgegangen ist! „Diese Windspargel sind ein Verbrechen!“hat er gleich losgeschrien, „allein dieses Geräusch, was sie produzieren, erzeugt nachgewiesenermaßen stärkste Gehirnschäden bei Mensch und Tier, wenn man sich ihm über 5 Minuten am Tag aussetzt!“„Dazu kommt noch der trostlose Anblick“, blökt danach ein Herr mit Vollbart, der Kunsterzieher anne Realschule von' Nachbarort, „das ist doch von der Ästhetik her unerträglich! 100 Windräder auf einem Haufen: Wer da keine Depressionen bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen!“Wir haben denn spontan ein' Verein gegründet, den AAW (Aktion Anti-Windkraft), mit Satzung und alles, richtig auf e.V., bei den man Spenden absetzen kann. Und denn habn wir unter de Überschrift „Kampf den Windkraft-Monstern!“eine Resolution losgelassen anne Landesregierung, die bei de Dam' und Herren da oben bestimmt ein Wahnsinns-Muffensausen ausgelöst hat. Das alles hat ein' unwahrscheinlichen Spaß gemacht. Ist ja auch ne tolle Sache, wenn man so als kritischen mündigen Bürger seine basisdemokratischen Pflichten wahrnimmt. Ne Woche später sind wir Umweltkämpfer denn alle wieder nach Hause gefahrn. Ich zurück in meine Wohnung inne Fruchtallee. Mein Camping-Nachbar Schallhorn wohnt ja privat bei den Flugplatz Fuhlsbüttel, und Horst Sattler, unser Campingplatz-Sprecher, hat sein Scheibenhaus direkt neben seine Arbeitsstelle in Krümmel.

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