Zwei Zentren mit einem Ziel

■ Das Feministische Frauengesundheitszentrum und Balance helfen bei gynäkologischen Leiden

Das Feministische Frauengesundheitszentrum FFGZ befindet sich in einer schönen Altbauwohnung in Schöneberger. Es ist die älteste Einrichtung ihrer Art – als Initiativgruppe gegründet, konnte es vor drei Jahren seinen zwanzigsten Geburtstag feiern und bietet professionelle Beratung und Informationen zu allen Themen von A wie Aids bis Z wie Zyste.

Die Mitarbeiterinnnen bieten Einzel- und Gruppenberatung, Vorträge und Selbsthilfegruppen an. Ziel ist es, „die Eigenkompetenz der Frauen zu stärken“, wie die Medizinsoziologin Regina Stolzenberg es formuliert.

Als Beispiel führt sie den Pap- Test an. Im Rahmen der Krebsfrüherkennung wird ein Abstrich des Gebärmutterhalses untersucht. Ein mit 1, 2 oder 3 bewertetes Ergebnis ist wünschenswert. 4 verheißt eine mögliche Krebsvorstufe, 5 ist manifester Krebs. Die Schulmedizin führt bei der Diagnose Pap 4 bereits operative Eingriffe durch. Der Gebärmutterhals wird ein Stückchen verkürzt, dadurch wird der mögliche Krebsherd beseitigt. Diese Operation muß aber nicht in jedem Fall sein: Durch eine längere Beobachtung kann gezeigt werden, daß sich nicht automatisch Krebs entwickelt. Auslöser für die krebsähnlichen Veränderungen sind oft Viren, die beim Geschlechtsverkehr übertragen wurden. Eine veränderte, streßfreie Lebensweise und die Stärkung der Abwehrkräfte kann dazu beitragen, daß sich kein Krebs entwickelt.

Ähnlich verhält es sich mit Myomen, gutartigen Geschwulsten in und an der Gebärmutter, die nicht notwendigerweise entfernt werden müssen. Die operative Entfernung der Gebärmutter in der Menopause ist stark umstritten. Regina Stolzenberg sagt: „Frauen müssen ihre Wahl treffen. Wir bieten Hilfe, damit die Entscheidung überlegt getroffen werden kann.“ Alternativen zur Schulmedizin werden hier immer aufgezeigt. Das FFGZ berät und informiert in allen Lebensphasen – von der Pubertät bis in die Wechseljahre.

Bei unerfülltem Kinderwunsch muß nicht gleich eine Hormonbehandlung stattfinden: frau kann Rotklee-Tee zur Fruchtbarkeitssteigerung trinken. Vielen Frauen, die oft unter chronischen Pilzinfektionen und Vaginalentzündungen leiden, kann mit alternativen Behandlungsmethoden geholfen werden: Jogurt, Kamillebäder und eine vollwertige Ernährung wirken langfristig besser als chemische Präparate.

Die Beratungsangebote des FFGZ kosten zwischen 20 und 50 Mark. Denn das Zentrum wird nur teilfinanziert, ist auf Spenden angewiesen und muß Eigenmittel erwirtschaften. Im Zweifelsfall wird aber jede Frau beraten – auch wenn sie kein Geld hat.

Das Archiv des Zentrums hat umfangreiches Material zu allen relevanten Fragen gesammelt – einen schnellen Überblick zu aktuellen Themen bietet etwa eine Dokumentation von Zeitungsartikeln.

Ein Verdienst des FFGZ ist es, das Diaphragma und die Portiokappe als alternative Verhütungsmittel in den 70er Jahren in Deutschland wieder publik gemacht zu haben. Die Aufgabe und der Gründungsgedanke des FFGZ war es, eine Gegenöffentlichkeit zu Schulmedizin und männlicher Sichtweise zu schaffen. Nicht nur Frauenkrankheiten standen und stehen im Mittelpunkt der Arbeit. Die gesellschaftlichen Bedingungen von Gesundheit und Krankheit wurden in den Blickpunkt gerückt, so wie es die sich heute etablierenden Gesundheitswissenschaften fordern.

Auch bei Balance in Berlin- Lichtenberg geht es um Frauengesundheit. Die Arbeit des Beratungszentrums ist schwerpunktmäßig medizinisch und familienplanerisch ausgerichtet. Balance befindet sich in einem DDR-Neubau auf dem ehemaligen Stasigelände in der Nähe der Normannenstraße. Das Innere des Zentrums macht aber den gleichen behaglichen Eindruck wie das FFGZ.

Gegründet wurde die Einrichtung vor fünf Jahren im Kampf gegen den §218. Es war das erste Familienplanungszentrum in den neuen Bundesländern, das Schwangerschaftsabbrüche ambulant anbot.

Von niedergelassenen Frauenärzten wird Balance manchmal als Konkurrenz empfunden – „überflüssigerweise“, wie Dr. Hanne Havemann, Projektleiterin der Schwangerschaftsberatung, meint, „denn kein selbständiger Arzt führt gerne die zeitaufwendigen Beratungen durch, die sich kaum abrechnen lassen.“ Medizinische und psychologische Beratungen bietet Balance zu allen Aspekten der Frauengesundheit an.

Dr. Ulrike Busch, die Leiterin des Zentrums, sagt, daß sich seit der Wende subjektiv und objektiv für viele Frauen die Lebenssituation verändert habe und sich daraus auch zunehmend partnerschaftliche und gesundheitliche Probleme ergeben. Die Gynäkologin Sabine Müller weiß aus ihrer praktischen Arbeit, daß sich hinter vermeintlichen oder tatsächlichen körperlichen Beschwerden in vielen Fällen die Langzeitfolgen eines verdrängten sexuellen Mißbrauchs verstecken.

Manchmal wird die Frauenärztin Müller auch mit ungewöhnlicheren Problemen konfrontiert: Afrikanerinnen kommen mit Klitorisverstümmelungen zu Beratungen. Andere Migrantinnen möchten vor der Heirat das Hymen rekonstruieren lassen, um dem starken Zwang zur Jungfräulichkeit vor der Ehe formal genüge zu leisten. Allen kann – beratend oder operativ – geholfen werden.

Bei Balance kann frau die meisten Leistungen über die Krankenkassen abrechnen, einige Beratungen kosten allerdings zwischen 10 und 50 Mark. Ähnlich wie Pro Familia bietet Balance auch die Pflichtberatung zum Schwangerschaftsabbruch an. Im Gegensatz zum FFGZ, das sich ausschließlich den Frauen widmet, sind bei Balance auch die Partner der Frauen willkommen. Ursula Dohme