■ Für die Reformkräfte in Kubas KP gibt es keinen Spielraum
: Der Status quo ist das kleinere Übel

In der politischen Botschaft war sich der am Freitag zu Ende gegangene Parteitag der kubanischen KP einig mit dem der chinesischen Genossen ein paar Wochen zuvor: Politischer Pluralismus und Mehrparteien-Demokratien sind nichts für ihr Land, allein Sozialismus und die „führende Rolle der Partei in Staat und Gesellschaft“ entsprechen den nationalen Bedürfnissen. Was das Wirtschaftssystem angeht, markierten sie indes unterschiedliche Wege. Während Chinas KP ihren langen Marsch durch die Reformen weiter vorantrieb, bestätigte Kubas Staatspartei ihre Absage an jeden grundsätzlichen Umbau der sozialistischen Ökonomie. Aller Krise zum Trotz bleibt die Öffnung auf den Außensektor, auf ausländische Joint-ventures, den Tourismus und die Dollar-Überweisungen der Exilkubaner beschränkt. In der Binnenwirtschaft hingegen leben die Staatsbetriebe hoch und werden lediglich mit einem neuen Satz von Appellen bedacht.

Ob sich aus diesem Krisenmanagement langfristige Perspektiven ergeben, ist dabei eine Frage, die in Kuba nicht gestellt wird. Es geht, der Parteitag hat das immer wieder betont, ums Überleben. Ums politische Überleben, genauer gesagt. Und hierin liegt der entscheidende Unterschied zu China, nicht nur in der „Starrköpfigkeit“ Fidel Castros, die so oft als einzige Erklärung herhalten muß. Chinas KP sieht sich keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt. Von den USA gibt es die Meistbegünstigungsklausel, kein Embargo wie gegen Kuba. Hongkong ist eingemeindet, und die Auslandschinesen sind mehr an Investitionen interessiert als am Warten auf den Sturz des Regimes. In Kuba sieht indes alles anders aus. Reformkräfte in der Partei scheitern nicht nur am „Sozialismus oder Tod“ ihres máximo lider, sondern auch an der „Kapitulation oder Tod“-Politik der USA und des kubanischen Exils. Wo die USA mit dem Helms-Burton-Gesetz just die vorrevolutionären Besitzverhältnisse zum Zentrum ihrer gesamten Kuba-Politik erhoben haben, gibt es für niemanden in Kubas KP eine gangbare Alternative zur Unterordnung unter den Kurs Castros – wie auch immer der aussehen mag.

Das wissen auch die 40- bis 50jährigen Kader um den Wirtschaftschef Carlos Lage, die im Ausland so oft als „Reformer“ bezeichnet werden. Wer weiß, vielleicht wären sie es ja tatsächlich gerne. Aber sie haben nicht mehr die Naivität, mit der Egon Krenz sich an die Nachfolge Honeckers machte. Wer nach Castro kommt, hat keine Chance. Solange sich das nicht ändert, bleibt auch für sie das „Weiter so!“ das kleinere Übel. Bert Hoffmann