Die Angst vor neuer Kolonialmacht

■ Thailands Premierminister kehrt von seiner Bettelreise nach Hause zurück. Die Regierung in Tokio gewährte ihm ein Kreditpaket

Bangkok (taz) – Mit gemischten Gefühlen verfolgten viele Thailänder die Reise ihres Premierministers Chavalith Yongchaiyudh nach Japan. Denn sein Besuch Ende letzter Woche hatte nur ein Ziel: möglichst viele Kredite und Investitionsversprechen für die angeschlagene thailändische Wirtschaft zu gewinnen. Als die japanische Regierung ein Kreditpaket von insgesamt acht Milliarden Dollar gewährte, witterte der Bangkoker Wirtschaftsprofessor Varakorn Samkoset Unheil: „Ich fürchte, wir werden eine (japanische) Kolonie werden.“

Rund sieben Milliarden Dollar sollen für Infrastrukturprojekte in Thailand vorgesehen werden. Zudem will Tokio laut Bangkok Post rund tausend Wirtschaftsexperten nach Thailand schicken, um beim Umbau der Industriestruktur des Landes zu beraten. Doch Chavalith hatte gar keine andere Wahl. Niemand wäre sonst bereit, seiner schwer kriselnden Regierung und dem verfilzten Bankensektor mit vergleichbaren Summen zu helfen.

Japan trägt bereits mit vier Milliarden Dollar einen Löwenanteil der im August vom Internationalen Währungsfonds (IWF) organisierten Beistandskredite von insgesamt 17,2 Milliarden Dollar. So großzügig sind die Politiker und Banker in Tokio nicht aus reiner Nächstenliebe. Rund die Hälfte der Kredite, die thailändische Firmen und die Bangkoker Regierung bis zum Währungssturz Anfang Juli aufgenommen hatten, kommen aus Japan. Rund 40 Milliarden Dollar privater Auslandsschulden werden allein innerhalb des nächsten Jahres fällig. Seit Juli hat der Baht gegenüber dem Dollar 38 Prozent seines Wertes verloren – die Tilgung wird entsprechent teurer.

Daheim hat Thailands Regierung wenig Macht

Am Mittwoch will die Regierung einen Plan vorlegen, der eine stärkere Überwachung des gesamten Finanzsektors vorsieht. Er soll die Geldinstitute stärker gegen Korruption und faule Gefälligkeitskredite schützen. Ob sich Premier Chavaliths Regierung allerdings an die eigenen Pläne halten wird, ist höchst zweifelhaft. Zahlreiche Wirtschaftsberater und Parteipolitiker rangeln um ihre Pfründen. Die japanischen Gastgeber Chavaliths, der am Samstag nach Bangkok zurückkehrte, hielten sich daher mit Ermahnungen nicht zurück, die IWF-Reform- und Sparauflagen unbedingt einzuhalten.

Indonesien kämpft an Brand- und Finanzfront

Der Nachbar Indonesien, dessen Währung Rupiah ebenso wie der malaysische Ringgit und der philippinische Peso seit dem Sommer rapide an Wert verloren hat, hat am Freitag ebenfalls um ausländische Finanzhilfe gebeten. Heute sollen in Jakarta Gespräche mit dem IWF, der Asiatischen Entwicklungsbank und der Weltbank beginnen. Der Rupiah stürzte in den vergangenen Wochen um rund 35 Prozent ab.

Indonesien, das von Dürre und riesigen Waldbränden geplagt ist, erhofft sich Unterstützung von vier bis sechs Milliarden Dollar, um bei der Tilgung seiner Schulden nicht in Verzug zu kommen. Manila hat bereits einen IWF-Kredit von rund einer Milliarde Dollar erhalten. Jutta Lietsch