Eine Zeitbombe wird Nachfolgerin des Atom-Eis

■ Zweite Teilgenehmigung für den umstrittenen Forschungsreaktor in Garching. Über den Einsatz von waffenfähigem Uran wird gesondert entschieden. Kostenexplosion ist zu erwarten

München (AP/taz) – Das bayerische Umweltministerium hat die zweite atomrechtliche Teilgenehmigung für den umstrittenen Forschungsreaktor FRM-II in Garching bei München erteilt. Über ein Jahr nach dem ersten Spatenstich für das Millionenprojekt gab die Behörde damit gestern grünes Licht für die Fertigstellung der gesamten Anlage sowie ihre nichtnukleare Inbetriebnahme. Über den weltweit kritisierten Einsatz der Kernbrennstoffe wird erst in einem nächsten Schritt entschieden.

Die Siemens-Tochter KWU baut den Forschungsreaktor als Generalunternehmerin schlüsselfertig. Die Kosten des Vorhabens wurden ursprünglich mit 720 Millionen Mark angegeben. Doch schon im vergangenen Jahr nannten Kritiker aus den Reihen der Bündnisgrünen und des BUND einen Anstieg auf eine Milliarde Mark realistisch. „Hauptkritikpunkt an dem Forschungsreaktor ist, daß hier hochangereichertes, waffentaugliches Uran eingesetzt werden soll“, sagt die bündnisgrüne bayerische Landtagsabgeordnete Irene Maria Sturm. „Bis zum heutigen Tag ist nicht einmal die Machbarkeit der Technik nachgewiesen.“ Lediglich in Frankreich hat es bisher einen Versuch mit hochverdichtetem Kernbrennstoff gegeben.

Kritik übt die bündnisgrüne Politikerin auch am Finanzierungskonzept: Die bayerische Staatsregierung übernimmt zunächst sämtliche Kosten, auch den zugesagten Bundesanteil von 380 Millionen Mark. „Das sind Mittel, die dem Land an anderer Stelle im Bildungs- und Forschungsbereich fehlen“, so Irene Maria Sturm.

Das Bundesumweltministerium äußerte sich derweil positiv zu dem Vorhaben vor den Toren Münchens. Der neue Versuchsreaktor wird das vierzig Jahre alte „Atom-Ei“ der Technischen Universität München ersetzen. Der neue Forschungsreaktor soll voraussichtlich 2001 in Betrieb gehen. Er entsteht nur wenige Kilometer vom Großflughafen München entfernt, in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Reaktors.

Die erste Teilgenehmigung, die den Bau des Reaktorgebäudes ohne maschinen- und elektrotechnische Anlagen umfaßt, war im April 1996 erteilt worden. Gegen diese Genehmigung hatten die Stadt München und drei Privatpersonen geklagt, waren jedoch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gescheitert. Der Senat bestätigte die erste Genehmigung als rechtmäßig. Das Umweltministerium habe als Genehmigungsbehörde keinen Fehler bei der Berechnung des Risikos gemacht. gg