„Illegalen“ soll Unterhalt entzogen werden

■ Kritik von amnesty international und Flüchtlingsrat an Berliner Bundesratsinitiativen

Berlin (taz) – Amnesty international (ai) und der Flüchtlingsrat haben massive Kritik an der Flüchtlingspolitik des Berliner Senats geübt. Falls zwei von Berlin gestartete Bundesratsiniativen erfolgreich verliefen, würden Flüchtlinge ohne Duldung zukünftig in die „Obdachlosigkeit“ und „absolute Armut“ getrieben werden, sagte gestern Michael Maier-Borst von ai-Berlin.

Vor einem Monat hatte der Berliner Senat im Auftrag von Sozialsenatorin Hübner (CDU) zusammen mit Baden-Würtemberg, Bayern und Sachsen eine Bundesratsinitiative eingeleitet, wonach AusländerInnen ohne Duldung grundsätzlich das Recht auf Sozialhilfe entzogen werden soll. Dazu müßte das Asylbewerberleistungsgesetz geändert werden. Als Begründung hieß es, daß der „Zustrom von Ausländern“ die illegal einreisten und dennoch leistungsberechtigt seien, „anwachse“.

Allein 7.000 sogenannte „Illegale“ aus Restjugoslawien hielten sich derzeit in Berlin auf. Sie sind nach dem Dayton-Friedensabkommen eingereist und haben deshalb keine Flüchtlingstatus. Ihnen wird von der Sozialsenatorin unterstellt, daß ihre Motive für die Einreise lediglich der Bezug von Sozialleistungen waren. Nach Angaben des Flüchtlingsrates könnten vieler dieser Menschen jedoch gar nicht mehr ausreisen, selbst wenn sie wollen, weil ihre Botschaft ihnen ihre Pässe verweigere.

Die zweite Bundesratsinitiative, die ai heftig kritisierte, bezieht sich auf das Bundesverwaltungsgerichtsurteil, wonach Flüchtlinge, deren Abschiebung unmöglich ist, zukünftig eine Duldung bekommen müssen, bis die Abschiebung tatsächlich möglich ist.

Lediglich in Berlin, Bayern und Thüringen wurde diese jetzt rechtswidrige Praxis bisher angewandt. Der Berliner Senat möchte das Ausländergesetz deshalb so ändern, daß Duldungen künftig verhindert werden können. Falls beide Bundesratsinitiativen erfolgreich seien, so Maier-Borst, würden Flüchtlinge verunsichert, „ausgehungert“ und aus dem Land getrieben.

Die Sozialsenatorin schätzt die Erfolgsaussichten ihrer Initiative als gut ein. So werde sich sehr bald die Arbeits- und Sozialministerkonferenz mit dem Thema befassen. Julia Naumann