: Schienenverkehr auf leisen Sohlen
■ Ein TU-Professor hat erkannt: kegelförmige Räder rollen ruhiger
Die Bahn muß attraktiver werden, wenn sie sich gegen das Auto behaupten will. Darunter fällt auch die Geschwindigkeitssteigerung im Nah- und Güterverkehr. Aber es gilt ebenso die negativen Auswirkungen wie Lärm zu verringern.
Die konventionellen Schienenfahrsysteme können wohl sehr gut geradeaus fahren. Doch in den Kurven zeigen sie erheblichen Materialverschleiß und nerven sowohl Passagiere als auch Anwohner mit ihrem lauten Gekreische, das gemeinhin durch die Reibung von Schiene und Rad verursacht wird. Ein Mißstand, der Professor Martin Hecht, der seit Juni dieses Jahres als Ingenieur dem Fachbereich für Straße, Schiene und Verkehr an der Technischen Universität in Berlin vorsteht, zu immer neuen Forschungen treibt. Die Lärmdämmung im Schienenverkehr und dessen Verbesserung überhaupt wurde zu einem Thema, das Hecht seit seiner Promotion über Gleislageuntersuchungen, die er im Jahr 1988 an der Rheinisch- Westfälischen Hochschule für Technik (RWTH) absolvierte, nicht nur faszinierte, sondern auch Lohn und Brot sicherte.
In der Schweiz, wo es erheblich mehr enge und quietschende Kurven im Bahnverkehr gibt als hierzulande, erkannte man den Forschungsbedarf zuerst. Acht Jahre lang arbeitete Hecht bei der schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik AG (SLM) und war dort maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Fahrwerktyps beteiligt, das sich selbständig und sanft gleitend in die Kurven legt. Auf diese Weise wird nicht nur das Kurvenquietschen verringert, sondern auch der Verschleiß von Rädern und Schienen um ein Dreifaches gesenkt.
„Zur Ingenieurskunst gehört es, mit möglichst wenig Aufwand einen möglichst großen Nutzen zu erzielen“, beschreibt der 39jährige seine Arbeitsmaxime.
Für Stadtverkehrs-Schienenfahrzeuge entwickelte Hecht also ein Drehgestell mit kegelförmigen, radial einstellbaren Radsätzen, das zur Zeit für die Metro im kolumbianischen Medellin untersucht wird. Auch die BVG zeigte sich bislang kooperativ: Die neuesten Bauarten der S-Bahn (Typ 481) verfügen bereits über diese elastischen Lenksysteme.
Und wann die U7 sich endlich mal quietschfrei und geschmeidig in die Kurve zwischen den Stationen Mehringdamm und Gneisenaustraße fügt, ist also nur noch eine Frage der Zeit. Kirsten Niemann
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