Radio und TV Pale senden wieder

■ Die internationalen Truppen sind ratlos. Wahltermine in der bosnischen Serbenrepublik immer noch umstritten. Momcilo Krajišnik droht mit einem Boykott der Parlamentswahlen

Wien/Genf (taz) – Nach zwei Wochen Funkstille meldete sich am Donnerstag wieder der radikale Serbensender Pale, wie gewohnt mit Attacken gegen UNO und Nato: Mit „brutalsten Methoden“ würden westliche „Propagandazentren“ den Serben ihre Vorstellung von „Demokratie und Freiheit“ aufzwingen, das könnten die „unabhängigen Medien“ nicht zulassen, hieß es.

Dies ist eine Blamage für die internationalen Friedenstruppen, die Ende September alle Sendeanlagen der Pale-Regierung nach wiederholter Medienhetze ausgeschaltet hatten. UNO-Sprecher Chris Reley zeigte sich gestern verblüfft, wie Radio-Television Pale wieder auf Sendung gehen konnte. „Wir wissen nicht, wie sie das geschafft haben. Unsere Untersuchungen dauern noch an.“

Eine dumme Ausrede der UNO. Denn Pale sendete schon immer mit Unterstützung aus Serbien. Noch in kommunistischer Zeit wurde das heutige Territorium Bosniens mit etwa 1.200 Sendemasten und Relaisstationen überzogen, damit auch in den entlegensten Winkeln die rote Propaganda aus Belgrad zu empfangen war. Aus sendetechnischen Gründen standen schon damals die zentralen Anlagen im bosnischen Bijeljina, mehrere Ton- und Sendestudios wurden teilweise unter der Erde installiert, für den Kriegsfall. Mit Ausbruch des Krieges in Bosnien wurden diese Anlagen reaktiviert, jedoch strahlte Pale nur über einen kleinen Sendepark fortan seine Hetzprogramme aus, die Hauptnutzung übernahm das serbische Staatsfernsehen in Belgrad. Radio-Televisija Srbija gab nun Anfang der Woche einige Masten und Studios den von der Nato bedrängten Pale-Kollegen ab, mit der Auflage, bei der Programmgestaltung auch die Standpunkte Belgrads zu berücksichtigen. Bei diesem Winkelzug sind UNO und Nato machtlos, ihr Mandat erlaubt es ihnen nicht, Sendeanlagen Belgrads zu stören oder gar zu besetzen.

Streit um Wahltermin in der Serbenrepublik

Unterdessen sind Durchführung und Termine für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der bosnisch-serbischen Teilrepublik nach wie vor umstritten. Die von Momcilo Krajišnik geführte Fraktion der bosnischen Serben will dem bislang vorgesehenen Termin am 23. November für die von seiner Gegenspielerin, Präsidentin Biljana Plavšić, angesetzten Parlamentswahlen nur zustimmen, wenn für denselben Tag oder spätestens für den 7. Dezember Präsidentschaftswahlen anberaumt werden. Krajišnik drohte, andernfalls werde seine Fraktion nicht an dem Urnengang für das Parlament teilnehmen. Vor allem die USA und Großbritannien setzen darauf, daß die von Plavšić neugegründete Partei eine Mehrheit erringt. Sie wollen die Präsidentschaftswahlen, bei denen Plavšić Krajišnik unterliegen könnte, hinauszögern. Rußland und Serbien unterstützen die Position Krajišniks. Die Bosnien-Kontaktgruppe bemühte sich gestern um eine Einigung. Gelingt diese nicht bis morgen, werden nach Angaben von OSZE-Vertretern wegen mangelnder Vorbereitungszeit vorerst überhaupt keine Wahlen stattfinden. Karl Gersuny/Andreas Zumach