Japans Schiffe ohne Anlegeplatz

Die USA wollen japanische Handelsfrachter aus ihren Häfen aussperren. Damit versucht die Marinebehörde, einen besseren Zugang nach Japan zu erzwingen  ■ Aus Tokio André Kunz

Erstmals nach zehn Jahren versuchen die USA, mit einer drastischen Sanktion einen Handelskonflikt mit der zweitgrößten Wirtschaftsmacht Japan auszutragen. Die US-Marinebehörde FMC drohte gestern, am Abend die US- Häfen für die Frachter der drei größten japanischen Reedereien Mitsui, Kawasaki und Nippon Yusen komplett zu sperren. Das Embargo sollte am Abend (amerikanischer Zeit) in Kraft treten, falls sich die Verhandlungspartner nicht in letzter Minute einigen können. Die japanische Verhandlungsdelegation hoffte gestern, wenigsten eine Fristverlängerung zu erreichen. Zu Redaktionsschluß dauerten die Verhandlungen noch an.

Der Hafenstreit, wie er in Japan genannt wird, schwelt nun schon seit Beginn dieses Jahres und ist mit der jüngsten Drohung der USA definitiv eskaliert. Die amerikanische Marinebehörde reagiert mit der Hafensperre auf die Weigerung der japanischen Reedereien, Strafgebühren für das Anlaufen amerikanischer Häfen zu bezahlen. Diese wurden im September verhängt, weil die USA die Hafengebühren in Japan für stark überteuert halten. Damals scheiterten Verhandlungen über eine weitgehende Umstrukturierung der japanischen Hafenordnung. Durch Strafgebühren versuchte die FMC daraufhin, ihrerseits das Anlegen für japanische Schiffe in den USA zu verteuern: So sollten die Frachter der drei Reedereien pro Hafeneinlauf in den USA 100.000 Dollar Strafgebühr bezahlen. Insgesamt geht es Schätzungen zufolge um vier Millionen Dollar, die die drei Firmen inzwischen zahlen sollen. „Die Strafgebühr ist höchst umstritten, da sie gegen Transportverträge zwischen den USA und Japan verstößt“, sagte ein Sprecher des Transportministeriums in Tokio. Japan hatte schon früher angedroht, diese Sanktion beim Internationalen Gerichtshof anzufechten. Japans Transportminister Takao Fujii nannte die Drohung der USA bedauerlich, kündigte aber keine Gegensanktionen an.

Die drei betroffenen Reedereien weigern sich auch deshalb, die Strafgebühren zu bezahlen, weil sie im Hafenstreit zusammen mit ausländischen Reedereien für eine Liberalisierung der japanischen Hafenordnung kämpfen. Amerikanische und andere ausländische Reedereien möchten eigene Frachtzentren aufbauen, um so weniger abhängig von der alles bestimmenden Hafentransportvereinigung (JHTA) zu sein. Diese Vereinigung beherrschen den gesamten Umschlag in den acht größten japanischen Häfen, in denen jährlich 144 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen werden.

Die JHTA hat eine derart umfassende Macht, daß selbst das Transportministerium in Tokio und die Regierung kaum Einfluß auf die Bestimmungen in Japans Häfen nehmen können. Das Monopol der JHTA führt dazu, daß Hafengebühren in Japan etwa doppelt so hoch sind wie in anderen internationalen Häfen. Außerdem müssen Reedereien mit Transportunternehmen zusammenarbeiten, die in der JHTA organisiert sind – was in Japan die Inlandtransporte von Gütern erheblich verteuert. Die USA betrachten diese Organisation – der auch Kontakte zum organisierten Verbrechen in Japan nachgesagt werden – als schweres Hindernis zur Marktöffnung Japans.