Elf gegen einen

■ Besuch beim Markenartikel Küppersbusch nach der Entfernung aus dem ARD-Sortiment

Die meisten Zuschauer, die sich da am Freitag abend in der ehemaligen Lagerhalle im Kölner Rheinau-Hafen eingefunden hatten, um Friedrich Küppersbusch und sein „Privatfernsehen“ live zu erleben, werden die wesentlichen Dinge gar nicht mitbekommen haben. Zum einen, daß die Kamera mehrfach ein in den trüben Fluten des Rheins dümpelndes Schiff ins Bild nahm, auf dem ein Transparent mit einem Stellengesuch prangte: „Junge, aufstrebende TV- Firma hat 1988 noch Termine frei.“ Es folgte die Nummer von Küppersbuschs Produktionsfirma „Pro Bono“. Zum anderen, daß die WDR-Sendung im Abspann ORB-Programmdirektor Volker von der Heydt gewidmet war.

Der Hintergrund der rätselhaften Botschaften: Am vergangenen Montag hatten die Programmdirektoren der ARD mit 11 zu eins Stimmen das Aus für die Sendung zum Jahresende beschlossen. Allein WDR-Programmchef Jörn Klamroth mochte sich noch für die hauseigene Sendung einsetzen, nachdem es aus den dem Kölner Sender nicht wohlgesinnten Anstalten ebenso wie aus dem Funkhaus selbst ein Jahr heftigst gegen Küppersbusch gemobbt hatte. Selbst der ORB-Mann verließ den WDR, obgleich er doch unter Hinweis auf die Qualität von „Privatfernsehen“ die Sendung nach wie vor in seinem Dritten wiederholt.

Auch die Sache mit dem Schiff hatte was von Galgenhumor. Denn mit der Absetzung droht auch Pro Bono, der eigens für „Privatfernsehen“ gegründeten Firma, das Ende. Wo die ARD ihn nicht mehr will, will auch Küppersbusch, so erklärt er, die ARD nicht mehr. Und dieses Verdikt gilt auch dem WDR, wo man andeutete, man könnte die Sendung ja im Dritten weiter ausstrahlen.

„Ich hab' da nichts zurückzunehmen“, betont der Moderator nach der Sendung. Der Hintergrund dieser Trotzreaktion: Seit dem Sendestart tat der WDR nicht eben viel für die Show mit seinem avanciertesten Politjournalisten. Die Tatsache, daß WDR-TV-Chef Jörn Klamroth, nachdem er am vergangenen Montag tapfer für den Erhalt der Sendung stimmte, am Tag darauf kommentarlos seinen Urlaub antrat, muß nichts heißen, paßt aber irgendwie ins Bild. So blieb das offizielle Bedauern des Votums WDR-Intendant Fritz Pleitgen vorbehalten.

Und der zeigte sich für einen ARD-Hierarchen bemerkenswert mutig: Da lobte er nicht nur das ZDF (für „Willemsens Woche“) für sein Durchhalten, sondern mit Sat.1 auch noch einen Kommerzsender für seinen langen Atem in Sachen Harald Schmidt. Denn sowohl Willemsen als auch Schmidt liegen, was die Quote angeht, deutlich hinter „Privatfernsehen“, daß es am Freitag abend immerhin auf durchschnittlich 1 Million Zuschauer bringt. Da machte sich Schmidt in der vergangenen Woche gleich zweimal ausgiebig über die seltsame Quoten-Arithmetik der ARD lustig.

Ist etwa etwas dran an Friedrich Küppersbuschs Überzeugung, wonach die Absetzung nicht, wie offiziell verkündet, quotentechnisch, sondern ausschließlich politisch motiviert war („Damit ist die ARD optimal aufs Wahljahr vorbereitet.“)?

Möglich, daß eine kanzlerfreundlichere Sendung auch mit einer Million Zuschauer im ARD- Programm geblieben wäre. Andererseits hätte aber auch „Privatfernsehen“ mit einer Quote von zwei Millionen wahrscheinlich überlebt. Bei einem kommerziellen Sender auch mit weit weniger. Was dem Ganzen eine gewisse Tragikomik verleiht. Denn die Stammzuschauer von „Privatfernsehen“ entsprechen, ähnlich wie bei Schmidt, exakt jener nicht nur von der Werbung begehrten Zielgruppe, die die ARD sonst so schmerzlich missen muß: jung und mit Geld in der Tasche. Doch wie die Privaten längst nach der qualifizierten Quote fahnden, starren die ARD-Hierarchen noch immer gebannt auf die absolute Zahl. Daß sie nun mit Küppersbusch einen bestens eingeführten ARD-Markenartikel hemdsärmelig aus dem Sortiment nehmen, zeugt zumindest unter Marketinggesichtspunkten von bemerkenswerter Schofeligkeit. Reinhard Lüke