debis schenkt der Stadt einen Zukunftskongreß

■ Gestern wurde der Daimler-Naubau am Potsdamer Platz feierlich eröffnet. Summende Lautsprecher und verhalten kritische Töne von György Konrád. Momentaufnahmen einer Eröffnungszeremonie

„Wir sind die ersten am Platz.“ Den zufriedenen debis-Slogan wiederholt noch einmal Klaus Mangold, Vorstandsvorsitzender der debis AG, zur gestrigen Eröffnung des Renzo-Piano-Baues am Potsdamer Platz. Als wäre man sich noch unsicher, ob die Einweihung eines fertiggestellten Gebäudes inmitten einer Baustelle tatsächlich das Mega-Ereignis ist.

Und wie zur Versicherung dessen gibt es überall debis-Bilder: mal als stehende Projektion, mal als Film. Daß es sich um einen realen Vorgang handelt, bestätigt eine kleine Unperfektheit: Während des Pressetermins summt die Tontechnik plötzlich, während Mangold über eine „ganz klare Kompetenzorientierung zwischen Mittel- und Osteuropa“ redet. Ein Mitarbeiter fummelt am Pult, daraufhin geht das Licht aus. Irgendwann hat er es schließlich wieder im Griff. Vor dem Gebäude plätschert im Becken schon Wasser, dessen „blaue Oberfläche“ die „mediterrane Ausstrahlung“ des Terrakottabaus steigern soll.

Im Atrium, dem hohen, gläsern- filigranen, an ein Kirchenschiff erinnernden Raum, der auch öffentlich zugänglich sein wird, herrscht geschäftiges Gewusel. Hostessen, beschürztes Personal, ein verspäteter Gebäudereiniger und sehr, sehr viele dunkle Anzüge. Small talks mit vielen „Wie geht's?“ und Reportertrauben um Prominente. Sphärische Klänge schweben durch den Raum, während draußen ein dunkler Wagen nach dem anderen die Sicherheitskontrollen passiert. Im Grunde ist es ein immer gleiches Ritual. Wem das zu langweilig ist, der kann sich die Kameraaufnahmen ansehen, die über die Bühne bis zum Beginn des Festakts laufen. Schwenk über die Baustelle und das Leben draußen. U-Bahnen sind zu sehen, Autos und Kräne. Berlin zu debis' Füßen.

Anders als die im Daimler- Benz-Showroom ausgestellten Mercedes-Modelle ist die riesige Bewegungsmaschine im Zentrum des Raumes Kunst. „Méta-Maxi“ taufte Jean Tinguely seine Konstruktion. Kunst gehört zum Unternehmen; die blauen Lichtröhren – eine Lichtinstallation namens „Light blue“ – ebenso wie multimedial angehauchte Programmpunkte vor den Reden: Terrakotta-Moods, Ton-Collage, Luftballett „Les Elastonauts.“

Eberhard Diepgen hofft auf ein „pulsierendes Miteinander von Kommerz und Kultur, Geschäft und Gesellschaft“, und Klaus Mangold schenkt – anläßlich der Eröffnung – Berlin einen „Zukunftskongreß“ Berlin 2000, auf dem in den nächsten drei Jahren über die „Standortbestimmung Berlins in Europa“ diskutiert und Berlins neue Identität gesucht werden soll. Die konzeptionelle und organisatorische Ausgestaltung wird bei dem Regierenden Diepgen liegen.

György Konrád, Präsident der Akademie der Künste, schlägt in seiner Rede ein wenig andere Töne an: Er spricht über eine militaristische, zerstörerische Vergangenheit, über die Notwendigkeit ziviler, initiativ-freudiger Kultur und geistigen Lebens, über die Notwendigkeit von Buntheit und Internationalität, die Städte wie London, Paris oder New York erst zu Weltstädten machten. „Was ist der moralische Sinn der weltstädtischen Entwicklung? Demokratische Zuverlässigkeit durch klaren Blick. Keinerlei Demagogie, keinerlei Regierung darf aus dem Bürger legal einen Kriminellen machen.“ Ulrike Steglich