Protest gegen Schließung von Kinderläden

■ 3.000 Eltern und ErzieherInnen demonstrieren vor dem Roten Rathaus gegen das drohende Aus der 650 Schüler- und Kinderläden. 30 Millionen Mark sollen gekürzt werden. Hauptausschuß des Abgeordnetenha

Rund 3.000 Eltern und ErzieherInnen haben gestern gegen die geplanten Kürzungen bei den privaten Schüler- und Kinderläden vor dem Roten Rathaus protestiert. 30 Millionen Mark sollen nach Plänen der Senatsjugendverwaltung für das Haushaltsjahr 1998 eingespart werden. Für viele der insgesamt 650 kleinen privaten Kindertagesstätten bedeute dies das Aus, so die Befürchtung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des Dachverbandes Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS). Bereits im Dezember müssen ein Großteil der etwa 1.500 ErzieherInnen in den Elterninitiativkitas auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Die Eltern waren wütend: „Ich bin ein einem kleinen Dorf aufgewachsen“, erzählte eine Mutter aus Prenzlauer Berg erregt ins Mikrophon. „Dort gab es einen Kindergarten, wo alle hingehen mußten. Eng aneinandergepfercht lagen wir täglich zum Mittagsschlaf nebeneinander.“ Um so etwas ihren Kindern heute nicht mehr zuzumuten, habe sie ganze zwei Jahre auf einen Platz in einer der wenigen Elterninitiativ-Kindertagesstätten gewartet. Und nun seien die Plätze durch die jüngsten Senatspläne gefährdet.

Der GEW-Vorsitzende Erhard Laube kritisierte, daß nach diesen Plänen zukünftig Zuschüsse für die einzelnen Kitaplätze nur noch entsprechend der tatsächlichen Verweildauer der Kinder gezahlt werden sollen. Die Kitas müssten dennoch ihre bisherigen Betriebszeiten einhalten, um den unterschiedlichen Arbeitszeiten der Eltern gerecht zu werden. Die Senatspläne bezeichnete er als „familienfeindlich und nicht zeitgemäß“.

In den Kinderläden rechnen die ErzieherInnen inzwischen die Auswirkungen der geplanten Kürzungen durch: „Uns werden am Ende 17.000 Mark an Zuschüssen fehlen“, sagte etwa der Kita-Erziehungsleiter Thomas Heimig von der Wilmersdorfer „Villa Kunterbunt“. Das sei knapp das Doppelte der bisherigen Monatsförderung. Mindestens 100 bis 150 Mark pro Monat müßten die Eltern dann mehr bezahlen, um die Kosten auszugleichen: „Für die meisten der Eltern, die bereits jetzt zwischen 250 und 600 Mark monatlich beitragen, untragbar.“

DaKS und GEW hoffen jetzt auf die Sitzung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses, deren Mitglieder am Freitag über die Pläne beraten werden. Es sei „durchaus denkbar“, daß die große Koalition die Kürzungen noch im letzten Moment kippen werden, hofft Laube. Der DaKS fordert eine 90prozentige Kostenübernahme der freien Plätze der Senatsverwaltung statt bisher nur rund 67 Prozent.

Die Senatsjugendverwaltung warnte gestern dagegen vor zu großen Hoffnungen: So sei die Behörde durch Senatsbeschlüsse gezwungen, im kommenden Jahr 135 Millionen Mark einzusparen, sagte Sprecherin Almuth Draeger. Da es nach ihren Angaben mittlerweile einen Überschuß an privaten Kita- plätzen gebe, versuche die Verwaltung mit ihren Plänen lediglich dort zu kürzen, wo es keinem weh tue. Der Vorschlag, nur noch die Tageszeiten zu finanzieren, die Kinder tatsächlich im Kinderladen verbringen, ziele in diese Richtung. Tilman Weber