AKW Krümmel leckt hektoliterweise Kühlmittel

■ Grüner Staatssekretär in Schleswig-Holstein sieht trotzdem keine Gefahr für Anwohner

Kiel (taz) – Um das wegen der Leukämieerkrankungen umstrittene Atomkraftwerk Krümmel gibt es erneut Schlagzeilen. Zwei Tage bevor das Oberverwaltungsgericht Schleswig erneut über die Klage der BUND-Vorsitzenden Renate Backhaus gegen Krümmel verhandelt, sorgt eine neue These der Bremer Wissenschaftlerin Inge Schmitz-Feuerhake für Furore. Die Physikerin hatte geschrieben, daß beim AKW Krümmel über Wochen Kühlmittelleckagen bis zu 300 Liter pro Stunde auftreten. Der TÜV soll im Gegensatz dazu 1983 Leckagen von nur 30 Litern pro Stunde prognostiziert haben.

Schmitz-Feuerhake hält es für möglich, daß überhöhte Radioaktivitätsabgaben mit diesen Leckagen zusammenhängen könnten. Der BUND in Schleswig-Holstein forderte daraufhin gestern die sofortige Abschaltung des Atommeilers, die Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) stellten einen Zusammenhang zwischen dem vor einem Jahr bekannt gewordenen Pfusch am Bau des Reaktordruckbehälters und den Leckagen her. Vieles spricht dafür, daß sich so auch das Leukämieproblem im Nahbereich des Reaktors erklärt. Seit 1989 waren elf Kinder in der Umgebung des Atommeilers an Leukämie erkrankt. Das Kieler Energieministerium dagegen versuchte gestern, den Schaden zu begrenzen. Ein Besorgnispotential besteht nicht, sagte der grüne Staatssekretär Willi Voigt, die Leckagen seien bekannt. Voigt sagte, es handele sich um betrieblich bedingte Leckagen innerhalb des Sicherheitsbehälters und nicht um radioaktive Abgaben an die Umwelt. Simone Siegmund