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Ein Name sorgt für Ärger

■ Der FC St. Pauli gewinnt mit 2:0 gegen den SC Freiburg und wird von der braunen Vergangenheit des Expräsidenten Wilhelm Koch eingeholt

Hamburg (taz) – Von Harmonie und Einheit sprach Eckhard Krautzun am Montag abend. „Wir sind enger zusammengerückt“, erklärte der Trainer des FC St. Pauli nach dem 2:0-Sieg gegen Freiburg, der ihm vorerst den Arbeitsplatz sicherte. Das Verhältnis zu den Fans kann der noch immer umstrittene Coach allerdings nicht gemeint haben. Die sonst am Millerntor übliche Ehrenrunde nach einem wichtigen Erfolg fiel überraschenderweise aus. Nur Klaus Thomforde, Torwart des nun nicht mehr auf einem Abstiegsplatz rangierenden Möchtegern-Klassenprimus', raffte sich auf.

Auch sonst war die Stimmung beim Zweitligisten schon einmal besser. Und die Jahreshauptversammlung am Freitag abend verspricht der vorläufige Tiefpunkt zu werden. Statt um die rosigen Zukunftsvisionen des Präsidiums wird es im Congress-Centrum Hamburg um die braune Vergangenheit des „etwas anderen Vereins“ gehen. Das FC-Mitglied Ronny Galczynski wird den Antrag stellen, die nach dem Expräsidenten Wilhelm Koch benannte Spielstätte in „Stadion am Millerntor“ umzubenennen. Der 39jährige, der sich seit den 80ern in der Fanszene des FC St. Pauli engagiert, begründet seinen Schritt mit den Aktivitäten des ehemaligen Vereinschefs in der Zeit des Nationalsozialismus. Koch, von 1931 bis 1945 und von 1947 bis 1969 FC- Präsident, war NSDAP-Mitglied und gehörte dem NS-Reichsbund für Leibesübungen an. „So jemand ist für einen Verein als Namenspatron untragbar, in dessen Stadion rassistisches und rechtsradikales Gedankengut geächtet wird“, meint Galczynski.

Auslöser der Debatte, die für Präsident Heinz Weisener „wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommt“, ist das kürzlich erschienene St.-Pauli-Buch „You'll never walk alone“ (Verlag Die Werkstatt) des Hamburger Journalisten René Martens. Der taz- und Woche-Autor hat erstmals über Kochs Nazivergangenheit berichtet. Der Expräsident, dessen Namen das Stadion seit 1970 trägt, habe sein Vermögen „zu einem gewichtigen Teil den Nazis zu verdanken“, schreibt Martens. Die ursprünglichen Besitzer von Kochs Fell- und Häutehandelsfirma waren zwei jüdische Kaufleute, die 1933 nach Schweden flohen.

Am liebsten würde auch der jetzige Vereinsboß Weisener die Flucht antreten. Dem Patron, der stets auf Harmonie bedacht ist und den FC mit seinem Privatvermögen am Leben erhält, schmeckt die Diskussion um Selbstverständnis und Verantwortung gar nicht. „Wir müssen den Antrag akzeptieren, den Vorwürfen nachgehen und dann unsere Meinung bilden“, versucht der 69jährige („Ich kannte Koch nicht persönlich“) der – wohl nur für ihn – „sachlichen Angelegenheit“ die Brisanz zu nehmen. Wahrscheinlich vergebens. Antragsteller Galczynski rechnet am Freitag zwar nicht unbedingt mit der Mehrheit, dafür aber mit heftigen Reaktionen der älteren St.-Pauli-Mitglieder: „Die werden mich wohl als Nestbeschmutzer sehen und als linksradikalen Spinner titulieren.“ Den Angehörigen des „Alten Stammes“, wie die Senioren vereinsintern firmieren, wirft der Anhänger vor, „sich bewußt zurückgehalten“ zu haben, obwohl sie die ganze Zeit über den „vermeintlichen Gottvater“ (Martens) Bescheid gewußt hätten.

Dem Vereinsfrieden zuliebe zurückzuziehen kommt für Galczynski dennoch nicht in Frage: „Ich stelle den Antrag auch stellvertretend für diejenigen, die wollen, daß sich etwas in dieser beschämenden Sache tut.“ Vizepräsident Christian Hinzpeter, dieser Tage wieder einmal als „Red Adair vom Millerntor“ im Feuerlöscheinsatz, schwant Böses: „Der Verein könnte an diesem Streit zerbrechen.“ Angesichts der verfahrenen Situation flüchten sich manche in Galgenhumor. Ihr Kompromißvorschlag: „Wilhelm-Koch-Studio“. Clemens Gerlach

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