Blackout legt die Innenstadt lahm

■ Stromausfall in der City durch Leck in Bewag-Kabel: Verkehr staute sich vor toten Ampeln, Supermärkte machten vorzeitig Feierband. 26.000 Haushalte ohne Elektrizität. Parlament vertagte Debatte wegen fehl

Es war 15.19 Uhr, als in der Innenstadt die Lichter ausgingen. Durch einen Defekt an einem Hauptstromkabel der Bewag fiel gestern der Strom in Kreuzberg und Teilen Tempelhofs aus und legte das öffentliche Leben in der City teilweise lahm. Nach Angaben der Bewag ging in 26.000 Haushalten, Supermärkten, dem Polizeipräsidium am Flughafen Tempelhof, in Banken und an Ampeln nichts mehr. Das betroffenen Gebiet umfaßte unter anderem die Dudenstraße, den Columbiadamm, die Yorckstraße und die Kochstraße, wo die taz-Redaktion bei vorweihnachtlichem Kerzenschein im Dunkeln saß. Das Abgeordentenhaus unterbrach seine Sitzung in der aktuellen Stunde, weil zwar die Mikrofone, nicht aber die Lichtanlage funktionierten. „Kaum beraten wir über den Haushalt, gehen hier die Lichter aus“, scherzte Umweltsenator Peter Strieder (SPD).

Dem Verursacher des Chaos, der Bewag, war nicht nach Witzen zumute. Ursache sei ein defektes 110 Kilovolt-Kabel zwischen dem Umspannwerk Mitte und dem Umspannwerk Zossener Straße, hieß es. Das zwei Kilometer lange Kabel weise Verschleißschäden auf oder es handele sich um einen technischen Defekt, hieß es. Reparaturtrupps suchten nach der undichten Stelle. Pressesprecher Andreas Naumann vermutete einen technischen Fehler. Sabotage oder einen politischen Anschlag sei „ziemlich ausgeschlossen“, weil das Kabel etwa 80 Zentimeter tief unter der Erde liege.

Der Blackout wurde um 17.26 Uhr behoben. Bis dahin staute sich an den Ampeln der Innenstadt der Feierabendverkehr, alle verfügbaren Polizisten versuchten, die Blechlawinen notdürftig zu dirigieren. Dank einer Notstromversorgung lief der Verkehr bei der U-Bahn ohne Probleme, bei der S-Bahn kam es zu Verzögerungen. Gleich nach dem Stromausfall hatten viele Geschäfte und Supermärkte vorzeitig geschlossen. „Es ist zu dunkel zum Kassieren“, erklärte eine Angestellte, „und auch eine Überwachung der Regale ist ohne Licht nicht mehr möglich.“ Vorgezogene Feierabendstimmung auch im Landeseinwohneramt in der Friedrichstraße und in der Bundesdruckerei, wo durch den Stromausfall die Software der Computer abgestürzt sei, hieß es.

Die großen Kaufhäuser wie Hertie am Halleschen Tor schalteten auf Notstrom: Bei funktionierenden Kassen und Alarmanlagen ging das Geschäft weiter. Auch das Kreuzberger Urbankrankenhaus rettete sich mit seinem für vier Tage ausgelegten Notstrom über die Zeit: Die Beleuchtung wurde runtergeschraubt, unwichtige Computerterminals abgestellt, „essentielle Einrichtungen blieben voll funktionsfähig“, erklärte eine Sprecherin Verwaltung.

Probleme hatten die Imbißbuden: Der Grill wurde kalt, die Kühltruhe taute auf. Nur die Betreiberin der Pommesbude am Halleschen Tor freute sich: Sie hatte Kerzen aufgestellt und lobte ihr Gasaggregat: „Ich bin unabhängig.“ wahn/win/tw/es/bpo