Eine neue Mary für Irland

Mary McAleese, Kandidatin der rechten Koalition, wird zur neuen irischen Präsidentin gewählt. Doch als Ersatz für ihre Vorgängerin sehen die Iren sie nicht  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Irland hat wieder eine Mary. Nach dem Rücktritt der Präsidentin Mary Robinson, die im September ihren neuen Job als UN-Hochkommissarin für Menschenrechte antrat, wählten die Iren am Donnerstag die 46jährige Mary McAleese als Nachfolgerin. Aufgrund des komplizierten Wahlsystems mit Mehrfachstimmen und Stimmübertragungen stand das Endergebnis zwar erst gestern abend fest, doch die erste Auszählung war deutlich: McAleese, die von der rechten Regierungskoalition aufgestellt worden war, gewann 46 Prozent der Erststimmen.

Die Europaabgeordnete Mary Banotti von der noch konservativeren Fine-Gael-Opposition erhielt rund 29 Prozent. Rosemary Scallon wurde mit 13 Prozent überraschend Dritte – vor der Kandidatin des linken Bündnisses, Adi Roche, die nur 7 Prozent erhielt. Der einzige männliche Kandidat, Derek Nally, spielte wie erwartet keine Rolle.

Das Präsidentenamt ist in Irland ein Repräsentationsjob, jede Rede und jeder Staatsbesuch muß von der Regierung abgesegnet werden. Bis 1990 war es denn auch ein Altersruhesitz für abgehalfterte Politiker, die sich in der Öffentlichkeit nur selten blicken ließen. Erst die linke Feministin Mary Robinson reizte den Job bis an die Grenzen der Möglichkeiten aus: Sie kümmerte sich um Randgruppen in Irland, bereiste die Dritte Welt und setzte sich bei jeder Gelegenheit für Menschenrechte ein. Weil ihr das die Sympathien der Bevölkerung einbrachte, zeigte auch das zur Nachfolge angetretene Frauenquartett politische Flagge. Dana trat als katholische Fundamentalistin an, Mary Banotti als konservative Europapolitikerin, und Adi Roche präsentierte sich als liberale Atomkraftgegnerin. Bei Mary McAleese lagen die Dinge komplizierter. Sie ist erzkatholisch, steht aber deutlich dem nationalistischen Lager um Sinn Féin und der sozialdemokratischen SDLP nahe.

Ein Regierungspolitiker sprach in Anbetracht des Wahlsiegs von McAleese und Danas gutem Abschneiden vom „postliberalen Zeitalter“ in Irland. Die Abtreibungsgegner, die Irlands Modernisierung in den 90er Jahren mit Entsetzen beobachtet haben, wittern Morgenluft. Hauptgrund für den rechten Vormarsch ist jedoch der rasante Abstieg von Roche, die als Mitfavoritin gestartet war, dann aber von ihren eigenen Mitarbeitern als Stalinistin bezeichnet wurde.

Fest steht, daß der Wahlkampf, den alle mit schmutzigen Tricks führten, die meisten WählerInnen abgestoßen hat: Nur rund die Hälfte gingen an die Urne. Für die meisten stand fest, daß trotz Damenwahl kein Ersatz für Mary Robinson im Angebot war.