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Wie sag ich–s meinem Kunden?

■ Bremer „Muster Call Center“mit Vorschußlobeeren eröffnet / Bis zum Jahr 2000 sollen 1.300 neue Arbeitsplätze entstehen

„Die deutsche Wirtschaft ist in punkto Marketing nicht kreativ“, meint Peter Schimitzek von der Geilenkirchener Telecomputer Firma DMC. Damit das anders wird, engagiert sich Schimitzek im neuen Muster Call Center Bremen, das gestern im Bremer Flughafen Center eröffnet wurde. Call Service ist das Zauberwort, das den Bremer Arbeitsmarkt in Schwung bringen soll und vom Wirtschaftssenator bis zum Arbeitsamt alle glücklich macht. Derzeit sind in 18 Firmen 1.300 BremerInnen in der boomenden Branche tätig. Bis zum Jahr Zweitausend soll die Zahl mindestens verdoppelt werden.

„Praktisch ist ein Call Center eine überdimensionierte Telefonzentrale“, versuchte sich der neue Wirtschaftssenator Josef Hattig an seinem ersten offiziellen Arbeitstag sachkundig zu zeigen. „Im Vergleich zu Hamburg hinken wir mit unseren Beschäftigtenzahlen zwar noch etwas hinterher, trotzdem haben mit dem Muster Call Center äußerst günstige Voraussetzungen geschaffen, Bremen zu einem Zentrum des Telefonmarketing in Deutschland zu machen“, hofft Harald Matys, Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) und Geschäftsführer des Muster Call Center Bremen (MCCB). Unter Mitwirkung der WfG und des Arbeitsamt Bremen beteiligen sich insgesamt zehn Unternehmen an dem Projekt. Praktisch ist das Center ein permanenter Ausstellungs- und Demontrationsraum der beteiligten Firmen. Potentiellen Kunden führen sie ihre Dienstleistungen und Kommunikationstechniken vor. Mit den bereitgestellten Apparaten können Arbeitskräfte vorqualifiziert werden. „Wir bieten dieses Personal solchen Call Firmen an, die sich in Bremen niederlassen wollen“, erklärt Matys die zusätzliche Funktion des Centers. Firmen, die speziell für ihre Bedürfnisse Personal schulen wollen, können dies im Muster Center tun, für 750 Mark Miete pro Tag. Und sollte eine Firma schon in Bremen arbeiten wollen, ohne über ein Büro zu verfügen, kann sie für 1.000 Mark Tagesmiete in den Räumen des Centers ihren Betrieb aufnehmen.

Das Angebot der Serviceleistungen von Call Centern ist sehr unterschiedlich und damit auch die Verdienstmöglichkeiten. Darauf wies Peter Schimitzek, Vorstand eines Callanbieters, hin. Damit verbunden sind auch unterschiedliche Anforderungen an die Angestellten. In der Regel sind 610-Mark-Jobs selten, meint Schimitzek. „Es kann sein, daß jemand ein konkretes Produkt verkaufen muß, da nehmen wir gerne Studenten auf Stundenlohnbasis ab 15 Mark. Es kann auch sein, daß wir einen qualifizierten Ingenieur in der Beratung des Computernotdienstes brauchen. Das sind Vollzeitbeschäftige, die wir firmenintern weiterbilden“, meint der Unternehmer. Voraussetzung sei in jedem Fall sprachliche Kompetenz. „Ein tolles Produkt kann nicht mit schludriger Sprache vermarktet werden“. Den Durchschnittsverdienst gab Schimitzek mit 3.700 Mark bruttoan.

Nach Ansicht des Unternehmers wird Verkauf, Beratung und Service über Telefon in den nächsten Jahren die Märkte revolutionieren. Damit das Callsystem nicht zu purem Telefonterror verkommt, sei man gezwungen, die Kunden qualifiziert mit guten Produkten anzusprechen. Thomas Schumacher

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