Von einem Gipfel geht es nur noch abwärts

■ Große Worte und große Peinlichkeiten beim Gipfeltreffen der AKP-Staaten in Gabun

Libreville (taz) – Es sollte für Gabuns Präsidenten Omar Bongo seine Bestätigung als herausragender internationaler Staatsmann sein. Aber der erste Gipfel der AKP-Staaten – die 71 Länder aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum, die mit der EU über die Lomé-Abkommen besondere Handelsbeziehungen haben – in Gabuns Hauptstadt Libreville war höchstens ein halber Erfolg.

Dabei hatte Bongo sich Mühe gegeben: Seine Präsidialgarde, geführt von französischen und marokkanischen Söldnern, umringte die Tagungsstätte „Cité de la Démocratie“ mit Maschinengewehren. Aber selbst das staatliche Radio berichtete mißbilligend von übereifrigen Personenkontrollen betrunkener Gendarmen in den Straßen der Hauptstadt. Ein Grund für die Sicherheitsvorkehrungen war wohl die überraschende Anreise Jassir Arafats, der gekommen war, um die AKP- Staatschefs nach Jerusalem zu den Feiern zur Jahrtausendwende einzuladen.

Schon die Eröffnung des Gipfels am Donnerstag begann mit zwei Stunden Verspätung. Da der Empfang am Abend nicht warten sollte, ließ man die dazwischenliegende Gipfeldebatte kurzerhand weg. „Ein Skandal!“ ereiferte sich ein ostafrikanischer Diplomat. Schwierig für Bongo war auch die Anreise seines Schwagers Denis Sassou-Nguesso, der vor drei Wochen per Bürgerkrieg an die Macht gekommene neue Herrscher des Nachbarstaates Kongo-Brazzaville. Einige Frauen aus der gabunischen Opposition schlichen sich in Sassou-Nguessos Begrüßungskomitee am Flughafen von Libreville ein und begrüßten den Putschisten mit Pfiffen und „Mörder“- Rufen. Sassou-Nguesso, für den die Gipfelteilnahme eine internationale Anerkennung bedeutete, durfte danach mit Bongos eigenem gepanzerten Auto herumfahren.

Weil die Hotelkapazität in Libreville für 71 Gipfeldelegationen nicht ausreichte, hatte Gabuns Regierung ein Hotelschiff gechartert – ausgerechnet aus Libyen, das statt des versprochenen Luxuskreuzers aber ein heruntergekommenes Fährschiff schickte. Als sowohl Delegierte wie Journalisten sich weigerten, darin zu wohnen, warf man kurzerhand die normalen Gäste aus Librevilles Hotels und steckte sie auf das Schiff.

Der Erfolg des Gipfels für Bongo beschränkt sich daher wohl auf die große Teilnehmerzahl und die Feststellung, es solle im Jahr 2000 einen zweiten AKP-Gipfel geben. Zwar fehlten wichtige Politiker wie Südafrikas Nelson Mandela, Nigerias Sani Abacha, Kameruns Paul Biya, Kongos Laurent Kabila. Aber unter den 71 Delegationen befanden sich immerhin etwa 30 Staatschefs – nie zuvor sind so viele auf einmal nach Gabun gekommen, und für Präsident Bongo ist das trotz allem eine wichtige Krönung seiner jahrzehntelangen Laufbahn wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen 1998.

Ansonsten stellten die Delegierten fest, daß das seit 1975 geltende Lomé-Abkommen mit der EU, das ab 1998 neu verhandelt werden soll, entwicklungsfördernd sei, obwohl es die Marginalisierung der AKP-Staaten nicht verhindert habe. Daher, so schrieben sie in ihre Abschlußerklärung, müsse die Zusammenarbeit mit der EU „kräftiger“ werden: Die EU solle auch Hilfen für die Privatwirtschaft leisten, und sie müsse sich mit den AKP-Staaten absprechen, wenn Entscheidungen anstünden, die die Entwicklungsländer betreffen könnten.

Die Abschlußerklärung betont auch den Respekt der AKP-Länder für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, so wie es die EU wünscht. Aber sie reflektiert keine näheren Verpflichtungen, um den Respekt für diese Prinzipien zu konkretisieren. Den Geist des Gipfels gab Henri Konan Bédié wider, Präsident der Elfenbeinküste: Die Europäer sollten begreifen, sagte er, daß die Demokratie an die afrikanische Geschichte und Kulturvielfalt angepaßt werden müsse. Ein anderer wichtiger Aspekt der Abschlußerklärung ist die Ankündigung, die AKP-Staaten sollten nicht nur gegenüber der EU als „kohärente politische Kraft“ auftreten, sondern auch in anderen Zusammenhängen wie der Welthandelsorganisation, von der die AKP-Staaten eine „undifferenzierte“ Anwendung der Regeln des Freihandels befürchten. Francois Misser