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Genius trifft Liebe

■ Das amerikanische Dream Team Yo La Tengo besucht Bremen

Sag es mit ihren eigenen Worten: There's a big day coming. Denn Yo La Tengo, das sympathische Trio aus Hoboken, New Jersey, schaut in Bremen vorbei.

Seit dem Debütalbum „Ride the Tiger“von 1986 sind das Ehepaaar Georgia Hubliy (Drums) und Ira Kaplan (Gitarre) sowie ihr jeweiliger Bassist das heimliche Dream Team der unabhängigen amerikanischen Musikszene. Ihre inzwischen acht Alben gehören nicht zu dem vergänglichen Zeug, sondern sind so etwas Ähnliches wie lange Briefe von guten Freunden. Selbst Jahre später liest man sie noch mit großem Vergnügen, freut sich neidlos, welch stille Größe da in all den Jahren gereift ist, und läßt ihnen sogar den Titel der letzten Doppel-CD durchgehen: „Genius + Love = Yo La Tengo“.

Und hat man nicht sogar vom Hoboken-Sound gehört? Der seit geraumer Zeit fest engagierte Bassist James Mc New hält das für Schnee von gestern: „Was soll das gewesen sein?“Schließlich sucht man auch bei Yo La Tengo den Anschluß an die Gegenwart. Der europäischen Erstauflage ihres aktuellen Albums „I Can Hear The Heart Beating As One“sind auf einer zweiten CD spannende Remixe des Songs „Autumn Sweater“beigelegt. Nicht nur Kevin Shields von My Bloody Valentine, sondern sowohl Drum'n'Bass-Wizard HIER MUSS EIN MÜ hin: -ziq (sprich: musique!) als auch der ehrenwerte Doug Mc Combs von der Chicagoer Postrockbaustelle Tortoise durften sich an der De- und Rekonstruktion des kuscheligen Herbstpullovers versuchen.

Keine leichte Entscheidung allerdings: „Das war schon ein erschütterndes Gefühl, einfach die Tapes loszuschicken und den Leuten zu sagen – na, dann macht mal. Andererseits waren wir von den Resultaten begeistert: Daß man einen Song auf drei derart unterschiedliche Weisen weiterentwickeln konnte – großartig.“Und obwohl sich James Mc New gut vorstellen könnte, eines nicht allzu fernen Tages gemeinsam mit den Elektrobastlern, Chemical Beatniks und Postrockern von heute aufzutreten, hat er doch so seine Probleme mit einigen Begleiterscheinungen: „Eine Menge Bands, die derzeit unter dem Etikett Postrock laufen, scheinen ihren Humor verloren zu haben. Das wirkt alles sehr ernst, nahezu akademisch – aber vielleicht kapiere ich auch einfach deren Witze nicht“, gesteht er – und lacht.

Dem sehr eigenen Humor von Yo La Tengo zu folgen, ist jedoch auch nicht sehr einfach. Nicht nur die seltsame „Yo La Tengo Tour Gazette“, in deren „Alternative Nation“-Anagramm-Ecke Brian Eno kurzerhand in One Brain und die Band Refrigerator in einen Fargo Terrier verwandelt werden, versammelt allerlei Obskuritäten. Ihr Album „Electr-O-Pura“benannte die Band beispielsweise nach einem zumindest für amerikanische Verhältnisse antiken Softdrink, den sie vor zwei Jahren in Nahsville beim Besuch im Museum für Getränkedosen entdeckten. Auf „I Can Hear The Heart Beating As One“kehren sie darüber hinaus nicht nur kurzfristig zu ihrem damaligen Lieblingsgericht „Hot Chicken“zurück, sondern covern auch „Little Honda“von den Beach Boys. Und wenn sie sich nicht gerade ihre Feedback-Spielereien verfeinern oder am Klavier herumjazzen, dann verneigen sie sich vor Neil Young – und bleiben trotzdem (sofern sie nicht kurz zwischendruch fürs Kino Velvet Underground so überzeugend mimen, daß John Cale bleich das Set verläßt) dabei immer sie selbst. Gäbe es sie nicht schon, müßte man sie erfinden. Gunnar Lützow

Yo La Tengo treten um 20 Uhr im Römer auf (und nicht, wie bisher angekündigt, im Modernes)

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