Ausländerbeiräte ohne Zukunft

■ Wahlbeteiligung in Hessen bei 15 Prozent

Frankfurt/Main (taz) – Die Ausländerbeiräte in hessischen Kommunen haben durchschnittlich nur noch 15 Prozent der Wahlberechtigten hinter sich. Die Beteiligung sank bei der Wahl am Sonntag von 20,3 auf 15,4 Prozent. Besonders betroffen waren die Großstädte. So sackte die Beteiligung in Frankfurt von 19,6 auf 7,9 Prozent. Hessenweit waren rund 500.000 ausländische Einwohner zur Wahl in 101 Städten und Gemeinden aufgerufen.

Der ehemalige Vorsitzende der Kommunalen Ausländervertretung (KAV) in Frankfurt, Grigorios Thomaidis, bezeichnete das „erschreckend schwache Ergebnis“ als eine „passive Demonstration“ für die umgehende Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle AusländerInnen. Von SPD und Grünen im Landtag war die Einrichtung der Ausländerbeiräte in der Legislaturperiode 1985–1987 für Kommunen mit einem Ausländeranteil von über 1.000 zwingend vorgeschrieben worden. Für die deutschen EntscheidungsträgerInnen in den Rathäusern sollten sie beratend tätig werden. Ihre wichtigste Einflußmöglichkeit ist das Rederecht in den Gemeindeparlamenten.

Die Unterbezirksvorsitzende der SPD, Rita Streb-Hesse, sagte, auch die AusländerInnen aus den Staaten außerhalb der EU suchten heute die „volle Gleichberechtigung“ in der Kommunalpolitik. Deshalb hätten die „politisch denkenden AusländerInnen“ die Wahlen zu den Ausländerbeiräten boykottiert.

Auch für den Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen im Frankfurter Römer, Lutz Sikorski, sind die Ausländerbeiräte obsolet geworden. Gremien ohne politische Macht – und jetzt auch noch ohne hinreichende demokratische Legitimation. Die Bündnisgrünen im Landtag kündigten an, sich vehement für das kommunale Wahlrecht für alle AusländerInnen einsetzen zu wollen.

Daß die Beiräte für BürgerInnen aus den Staaten der EU uninteressant geworden sind, weil sie inzwischen an den „normalen“ Kommunalwahlen teilnehmen dürfen, ist für Streb-Hesse ein weiterer Grund dafür, daß die Wahlbeteiligung so niedrig ausgefallen ist. „Die haben die Wahl bewußt geschnitten.“ Japaner oder US-Amerikaner, die in Frankfurt wohnen und vor allem für ausländische Banken tätig sind, beteiligten sich ohnehin noch nie an den Wahlen. Die Gewinner in Städten mit einem besonders hohen Ausländeranteil wie Frankfurt oder Rüsselsheim waren islamische Listen.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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