■ Cash & Crash
: Waigel schwappt hin und her

Theo Waigel wird Deutschlands oberster Spekulant. Heute tagt der Haushaltsausschuß des Bundestages, zusammen mit der Bundesbank, um zukünftig dem Bund „derivative Geschäfte“ zu ermöglichen. Bis zu 15 Prozent der Bundesschuld wären künftig über Geschäfte mit Zinsverpflichtungen abgedeckt, mehr als 130 Milliarden Mark.

Waigel spekuliert dabei mit Altbewährtem: Derivative gibt es seit dem 16. Jahrhundert. „Es ist kein holländischer Walfänger ausgelaufen, der nicht vorher seine Ausbeute verkauft hat“, berichtet Dresdner-Bank-Vorstand Carstensen. Entsprechend kann heute der moderne Geldanleger diverse Anrechte auf Aktien kaufen oder auf den Dollarkurs in zwei Tagen oder drei Monaten setzen („Optionen“). Jedoch setzen moderne Großbanken solche Derivate vornehmlich als Sicherungsinstrument gegen Kurs- und Zinsschwankungen ein.

Anders Theo Waigel: Des Finanzministers Vorliebe gilt allein den „Zins-Swaps“. Dabei werden zwei Kreditverträge zwischen Geschäftspartnern geswapt oder zu deutsch getauscht. Meist wechselt dabei eine Anleihe mit hohem gegen eine mit niedrigem Zinssatz den Besitzer. Im konkreten wird deutlich, wie damit Geld verdient werden kann: Der Bundesfinanzminister hat sich bei Anlegern mit vielen lange laufenden Anleihen verschuldet. Deren Zinsen sind höher als das derzeitige Zinsniveau. Demnächst könnte Waigel beispielsweise einen Zehnjahresvertrag mit sechsprozentiger Zinsverpflichtung mit seiner Hausbank tauschen. Er übernimmt dafür im Gegenzug eine flexible Zinsverpflichtung von gegenwärtig vier Prozent. Solche Zins-Swaps sollen dem Bundeshaushalt kurzfristig 1,5 Milliarden Mark an Zinsen ersparen.

Das ist nur scheinbar ein schlechtes Geschäft für die künftigen Partner des Finanzministers. Denn was Theo Waigel zunächst Zinsgewinne verspricht, wird alsbald kostspielig: Die Banken bauen bei einem Swap-Deal auf steigende Zinssätze, die deutlich über die Sechs-Prozent-Marke klettern werden. Längst bahnt sich eine Zinswende an: Am 13.Oktober hat die Bundesbank erstmals seit dem Juli 1992 wieder einen Leitzins erhöht, den Wertpapierpensionssatz. Dieses wurde auf den Finanzmärkten als deutliche Wegmarkierung wohl verstanden – auch von Theo Waigel. Insofern spekuliert der Finanzminister nicht, sondern er verkauft gerade die Zukunft für ein Euro- Linsengericht. Hermannus Pfeiffer