Eichel pfeift seinen Innenminister zurück

■ Keine „Nachbesserung“ bei Gentechnik in der Landwirtschaft – Ökoverbände fürchten dennoch eine „schleichende Demontage“

Frankfurt/Main (taz) – Der hessische Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) hat sich klar zu dem 1995 mit den Bündnisgrünen abgeschlossenen Koalitionsvertrag bekannt: Am Rande des „Dialogs“ zur Gentechnik in Frankfurt sagte der Regierungschef, daß es in dieser Legislaturperiode zu keiner Änderung am Vertragswerk kommen werde.

Mit dieser eindeutigen Stellungnahme pfiff Eichel am Dienstag nachmittag seinen Innenminister Gerhard Bökel (SPD) zurück, der eine „Nachbesserung“ am Vertrag gefordert hatte. Geändert sehen wollte Bökel den Passus zum Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft. Das dort festgeschriebene Verbot, so seine Forderung, solle umgehend aufgehoben werden.

Eichel hat damit auch die Bündnisgrünen, die sich vehement gegen eine solche „Nachbesserung“ ausgesprochen hatten, vorerst ruhiggestellt. Der Koalitionsfriede ist gerettet. Doch die Umweltschutz- und VerbraucherInnenverbände trauen diesem Frieden nicht. Der Vertreter der ökologischen Anbauverbände, Oliver Willing, sprach gestern auf dem „Dialog“ von einer „schleichenden Demontage ökologischer Politik in Hessen“.

Auch ein Demeter-Mitarbeiter aus Hessen ist skeptisch: Sozialdemokratische Spitzenpolitiker redeten permanent von der Gentechnik als der Lösung für die Landwirtschaft. Offenbar solle die „Widerstandsfestung“ in der Bevölkerung gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft „sturmreif geschossen“ werden, vermutet der Demeter-Mann.

Wie zur Bestätigung der Befürchtungen der Kritiker kündigte Ministerpräsident Eichel an, daß der nächste Koalitionsvertrag „anders aussehen“ werde. Sollten SPD und Bündnisgrüne zusammen wieder eine Mehrheit der WählerInnenstimmen erhalten, werde bestimmt nicht mehr ein so eindeutiges Nein zur Gentechnologie in der Landwirtschaft im neuen Koalitionsvertrag stehen. kpk