„Wohl keine Formfehler“

■ Klagen gegen vierte Elbtunnelröhre vor Gericht

Richter Karsten Schulz weiß genau, was er und die anderen beiden Berufsrichter sowie die zwei Schöffen nicht tun werden: „Wir haben nicht zu entscheiden, ob das die richtige Verkehrspolitik ist“. Nicht darüber, ob die vierte Elbtunnelröhre politisch wünschenswert sei, so der Vizepräsident des Hamburgischen Oberverwaltungsgericht (OVG), habe sein zweiter Senat zu entscheiden, sondern darüber, ob sie „rechtlich zulässig“ sei.

Seit gestern verhandelt das Hamburger OVG über 38 Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluß für den Bau von Röhre vier. Die KlägerInnen, allesamt in unmittelbarer Nähe des Tunnel-Nordportals wohnhaft, wollen dem verkehrspolitisch fragwürdigen und kaum finanzierbaren (siehe taz von morgen) Projekt mit Justitias Hilfe den Garaus machen, zumindest aber Nachbesserungen erreichen.

So fordern viele der KlägerInnen aus Lärmschutzgründen eine Überdeckelung der Autobahn im Norden des Tunnels. Hildegard Siebrecht (79) aus der Gottorpstraße, die direkt an die A 7 grenz: „Wenn wir das durchkriegen, ziehe ich meine Klage zurück.“ Eine andere Autobahnanwohnerin kündigte an, „sich eine neue Bleibe“ zu suchen, wenn die vierte Röhre kommt: „Schon heute kann ich meinen Garten nicht benutzen, weil es so laut ist“.

Solche Probleme interessierten das Gericht gestern noch nicht. Verhandlungsgegenstand: Hat die Baubehörde im Planfeststellungsverfahren grobe Formfehler begangen? Richter Schulz ließ durchblicken, daß er „nach dem momentanen Erkenntnisstand“ davon nicht ausgeht. Eine von den KlägerInnen vermißte formale Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wäre erst einen Monat nach der öffentlichen Planauslegung „zwingend notwendig“ gewesen. Michael Günther, Anwalt mehrerer KlägerInnen hielt dagegen: „Die öffentliche Auslegung wurde mit unvollständigen Unterlagen rechtsmißbräuchlich auf die Schnelle eingeleitet, um die UVP zu umgehen“.

Am 10. und 18. Mai wird erneut über die Klagen gegen die Röhre verhandelt. Gibt es keine weiteren Termine, so ist laut Richter Schulz mit einer Urteilsverkündung in der vorletzten Maiwoche zu rechnen.

Marco Carini