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Griefahns Elch-Test

■ Ministerin lenkt bei Gorleben-Klagen ein

Hannover (taz) – „Kaufvertrag für eine Genehmigung“, müßte eigentlich auf dem Titelblatt der „Vereinbarung“ stehen, die die Essener Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) und das niedersächsische Umweltministerium jetzt abgeschlossen haben. Landesumweltministerin Monika Griefahn veröffentlichte gestern die Vereinbarung. Das Papier gibt genau vor, wie künftig das Genehmigungsverfahren für die Gorlebener Pilotkonditionierungsanlage (PKA) und wie die Aufsicht über das ebenfalls der GNS gehörende Gorlebener Castor-Lager abzuwickeln sind.

In der PKA soll hochradioaktiver Müll umgepackt und komprimiert sowie defekte Castor-Behälter repariert werden. Eigentlich agiert das Ministerium der GNS gegenüber als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde. Nun ist das Land durch die Vereinbarung weitgehend gebunden, die PKA-Genehmigung soll bis Frühjahr 1999 angeschlossen sein. Das Essener Gemeinschaftsunternehmen der großen Energieversorgungsunternehmen verpflichtet sich im Gegenzug, eine beim Landgericht Hannover anhängige Klage auf 15 Millionen Mark Schadenersatz vorläufig ruhen zu lassen. Wenn das Umweltministerium von den „Grundsätzen“ der Vereinbarung „nicht wesentlich abweicht“, will die GNS ein Jahr nach der Erteilung der Betriebsgenehmigung für die Pilotkonditionierungsanlage den Antrag auf Erledigung des Rechtsstreits stellen. Mit anderen Worten: Die AKW-Industrie legt die Schadenersatzforderung dann zu den Akten, wenn das Landesumweltministerium die noch ausstehenden Genehmigungen für die Gorlebener Atomfabrik nach jenem Plan erteilt, der unter dem Titel „PKA-Terminplan Errichtung und Genehmigungsverfahren“ Bestandteil der Vereinbarung ist.

Dabei hatten Monika Griefahn und auch die SPD die Gorlebener Pilotkonditionierungsanlage bisher nicht nur als überflüssig angesehen. Auch den Stillstand, für den GNS Schadenersatz einklagen wollte, hatte die Essener Gesellschaft in Griefahns Augen selbst verschuldet. Die vorübergehende Stilllegung des Baus hatte die Landesumweltministerin seinerzeit angeordnet, weil in Gorleben in 19 Punkten anders gebaut wurde, als es genehmigt war.

In der Vereinbarung sichert Griefahn zu, daß bisher erteilte PKA-Teilerrichtungsgenehmigungen „Bestandskraft“ haben. Sie läßt sich außerdem die Personalausstattung für das Genehmigungsverfahren und die Auswahl ihrer Gutachter vorschreiben: Neue Gutachter darf das Umweltministerium bei der PKA-Genehmigung nicht mehr hinzuziehen. Jürgen Voges

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