„Was viele denken“

■ Volksverhetzung: Freispruch für Siegerist?

Im Prozeß wegen Volksverhetzung haben die Verteidiger des angeklagten Journalisten und Politikers Werner-Joachim Siegerist gestern auf Freispruch plädiert. In der Berufungsverhandlung vor dem Hamburger Landgericht muß sich der ehemalige Springer-Redakteur wegen des Vorwurfs verantworten, 1992 in zwei Hetzschriften Roma und Sinti pauschal als „durchweg übles, kriminelles Pack“beschimpft zu haben. Die Verteidiger begründeten ihren Antrag mit dem Recht auf Meinungsfreiheit. Siegerist habe „auf den Punkt gebracht, was viele im Lande denken“, sagte Verteidiger Hans-Günter Eisenecker. In diesem „politischen Prozeß“gehe es darum, den Angeklagten mundtot zu machen.

Er würde die Schreiben heute nicht mehr so formulieren wie vor fünf Jahren, hatte Siegerist am ersten Prozeßtag erklärt. Der frühere Abgeordnete des lettischen Parlaments und heutige Vorsitzende einer Oppositionspartei Lettlands wehrte sich vehement gegen den Vorwurf, er sei ein Rassist. Siegerist bezeichnete sich als „konservativen und überzeugten Christen“.

Das Amtsgericht hatte am 15. April 1994 Siegerist in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Das Urteil soll am 21. November verkündet werden. lno