Als wäre einfach nichts gewesen

Sieben Monate nach ihrem Abgang wegen des Mykonos-Urteils kehren die EU-Botschafter nach Teheran zurück. Der deutsche Vertreter darf später nachkommen  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Sieben Monate nach dem Mykonos-Urteil kehren die Europäische Union und die iranische Regierung wieder zur Tagesordnung zurück. Gestern früh trafen die Botschafter von dreizehn EU-Ländern auf dem Flughafen von Teheran ein. Der deutsche und der französische Botschafter werden eine Woche später nachkommen.

Mit diesem Kompromiß endet ein monatelanges Tauziehen, bei dem vor allem die deutsche Regierung einen Gesichtsverlust befürchten mußte. Denn die Solidarität in der EU begann bereits bedenklich zu bröckeln. Einige Länder, vor allem Frankreich, haben im Iran erhebliche Geschäftsinteressen und wollen deshalb die Beziehungen so schnell wie möglich normalisieren. Der französische Ölkonzern Total etwa plant eine milliardenschwere Investition in die Erdgasförderung im Iran.

Die Krise war im Frühjahr ausgebrochen, nachdem das Berliner Kammergericht am 10. April die iranische Staatsführung als Drahtzieher des Anschlags auf das Berliner Restaurant Mykonos beschuldigte, bei dem 1992 vier iranische Oppositionspolitiker erschossen worden waren.

Auf Drängen der Bundesregierung beschlossen die EU-Außenminister daraufhin, alle Botschafter aus Teheran zurückzubeordern, um gegen den iranischen Staatsterrorismus zu protestieren. Italien und Griechenland folgten nur widerwillig und signalisierten der iranischen Führung, daß sie weiterhin an guten Beziehungen interessiert sind.

Als die EU-Außenminister zwei Wochen später die Botschafter wieder nach Teheran schicken wollten, setzte die iranische Führung auf die offensichtliche Uneinigkeit in der EU. Der deutsche Botschafter sei unerwünscht, ließ die iranische Führung verlauten, die anderen könnten einreisen.

Seitdem rangen die EU-Außenminister um einen Weg, die Beziehungen zu Iran so schnell wie möglich zu normalisieren, ohne die Deutschen im Streit mit Iran im Stich zu lassen.

Doch auch der neugewählte iranische Staatspräsident Mohammad Chatami, der als etwas liberaler gilt als sein Vorgänger, bestand auf einer späteren Rückkehr des deutschen Diplomaten. Unter Vermittlung des Botschafters von Oman schlug Teheran schließlich vor, die EU-Botschafter könnten ja gleichzeitig abfliegen, es genüge, wenn der deutsche Flieger als letzter ankomme – er könnte ja vor der Landung noch ein paar Schleifen drehen.

Als sich die Bonner darauf nicht einlassen wollten, stieg der Druck innerhalb der EU auf die Bundesregierung. Die Solidarität war aufgebraucht, die Deutschen sollten sich endlich mit Iran arrangieren, hieß es. Außenminister Klaus Kinkel, der den EU-Partnern über Jahre den kritischen Dialog mit dem Iran eingepaukt hatte, mußte sich nun seiner eigenen Logik beugen: Geschäftsinteressen gehen vor, Demokratie und Menschenrechte in die Fußnoten.

Daß sich außer dem französischen Botschafter keiner mehr bereitfand, den Deutschen bei seiner verspäteten Einreise zu begleiten, zeigt, wie weit die Geduld bereits aufgebraucht war. „Die andern konnten das Wasser nicht mehr halten“, meinte ein deutscher Diplomat bitter.

Aus Kreisen des Auswärtigen Amtes heißt es, die Rückkehr der EU-Botschafter stelle den Status quo vor dem Mykonos-Urteil wieder her. Der kritische Dialog sei zwar nach wie vor ausgesetzt, aber man könne jetzt wieder auf die iranische Führung einwirken, die Regeln des Völkerrechts zu respektieren und die Menschenrechtssituation zu verbessern.