Nur Sieger, keine Verlierer

■ Die Beruhigung der Irak-USA-Krise ist keine Dauerlösung

Im Ratssaal des Genfer Völkerbund-Palastes wurden schon viele Abkommen getroffen, die bis heute politisch wirksam sind. Aber auch so manche Vereinbarung, die schnell Makulatur wurde. In welche Kategorie die Absprachen der vorletzten Nacht gehören, ist noch nicht ausgemacht.

Zunächst einmal erlauben sie allen Beteiligten, den Sieg für sich zu reklamieren. Clinton kann behaupten, gegenüber Bagdad keine Zugeständnisse gemacht zu haben. Das ist wichtig – gerade angesichts immer lauter werdender Forderungen aus dem Kongreß, militärisch gegen Irak vorzugehen. Saddam Hussein wird die absehbare Erhöhung der Zahl nichtamerikanischer Waffeninspekteure der Unscom zumindest als Punktgewinn verkaufen können. Rußland kann sich einer erfolgreichen diplomatischen Initiative rühmen und damit seinen von Außenminister Primakow schon häufig formulierten Anspruch untermauern, in Nahost-Angelegenheiten künftig wieder stärker mitzureden. Und UNO-Generalsekretär Annan muß nicht länger fürchten, daß eine militärische Eskalation der Irak-Krise seine Bemühungen um die Bezahlung der Milliardenschulden der USA an die UNO vollends zunichte macht.

Nützlich wäre nun, wenn der Sicherheitsrat in den nächsten Tagen Clintons Behauptung über das Ziel der UNO-Sanktionen gegen Irak korrigieren würde. Das heißt: klipp und klar sagen, daß die Sanktionen gegen den Irak nach Erfüllung aller Auflagen der Resolution 687 des Sicherheitsrates vollständig aufgehoben werden.

Doch all dies ist keine Lösung der Irak- Krise. Erneute Zuspitzungen nach dem Muster der letzten Wochen sind jederzeit denkbar und sehr wahrscheinlich. Das Grunddilemma bleibt: Die Resolution 687 hat ihr Ziel nicht erreicht. Die Sanktionen haben verheerende Auswirkungen auf die irakische Zivilbevölkerung. Zugleich behindert das Regime in Bagdad weiterhin die Kontrolle seiner Rüstung und produziert B- und C-Waffen.

Der Sicherheitsrat wird einen neuen Ansatz suchen müssen. Je früher, desto besser. Eine denkbare Alternative wäre eine von Massenvernichtungswaffen und ballistischen Raketen freie Nahost-Region. Um die Widerstände dagegen – am vehementesten in Jerusalem, weniger stark in Damaskus und Kairo – zu überwinden, bedürfte es einer gemeinsamen Strategie – zumindest zwischen Washington, Moskau und Paris. Andreas Zumach