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: Fremdenfeinde in der Gesellschaftsmitte

Ist das „Bounty“-Mädchen eine Weiterentwicklung des Sarotti- Mohrs? Und Harald Schmidt wegen seiner Polenwitze ein Volksverhetzer oder der letzte Humanist? Und sollte man über diese Dinge überhaupt schreiben?

Die „alltäglichen Paradoxien, Dilemmata, Absurditäten und Zynismen“ hat sich der Sammelband „Medien und Fremdenfeindlichkeit“ vorgenommen. Herausgegeben von Bernd Schaffer, umfassen die Aufsätze diskursanalytische, systemtheoretische und soziobiologische Ansätze. Die Themen reichen von rassistischen Auswüchsen im britischen Fußball bis zu einer Untersuchung der Berichterstattung von Bild und Spiegel hierzulande. Der Vergleich von Boulevardzeitung und Nachrichtenmagazin legt nahe, daß doch keine Welten zwischen beiden Blättern liegen. Die Horrorszenarien, die sie beschwören, seien ähnlich. Egal, ob auf Titelseiten des Spiegel das Schiff „Deutschland“ in einer Flut aus Flüchtlingen versinkt (9.9.1991); ob unzählige Asylbewerber durch ein viel zu enges Tor drängen (6.4.1992) – oder ob es bei Bild heißt: „Dieser Russe trinkt Blut“ (5.8.1992): mediale Inszenierungen aus der Zeit der Angriffe auf Ausländer in Hoyerswerda und Rostock. Laut Scheffer liegen die Wurzeln von Fremdenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft, ihre Auswüchse am Ende. Und eine Mitschuld an fremdenfeindlichen Anschlägen tragen die Medien.

Zugleich steht für die Autoren aber auch fest: Man kann nicht nicht fremdenfeindlich sein, auch nicht als Medium. Man könne nur versuchen, das menschliche Abgrenzungsbedürfnis immer wieder zu zivilisieren. Aber auch dafür findet das Buch kein Rezept. Soll man fremdenfeindliche Gewalttaten verschweigen? Soll man rechtsextremen Parteien ein parlamentarisches Forum bieten? Ist die Ironisierung überzogener Klischees ein Heilmittel? Oder ist es gar so, daß die Medienwirtschaft nur endlich die Fremden als Zielgruppe entdecken müßte? Diskriminierungen könnte sich dann keiner mehr leisten. Ania Mauruschat

Bernd Scheffer (Hg.): „Medien und Fremdenfeindlichkeit“. Verlag Leske + Budrich, 39 DM.