Der Geniestreich

Hochbegabte sind oft Schulversager. Eine Beratung soll nun Abhilfe schaffen  ■ Von Karin Flothmann

Genies werden nicht nur geboren, sie müssen auch entdeckt werden. Damit außergewöhnliche Talente nicht einfach brachliegen, schritt nun die Hamburger Schulbehörde zur Tat. Gestern weihte Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) im Stadtteil Hamm-Nord die bundesweit erste „Beratungsstelle für besondere Begabungen“ein. „Schulische Förderung“, so betonte Raab, beinhalte eben nicht nur „die Kompensation oder Überwindung von Lernschwierigkeiten, sondern auch die Entfaltung individueller Stärken“.

Die Arbeit der neuen Talentschmiede, die schon seit dem Sommer geöffnet ist, stützt sich auf das Hamburger Schulgesetz. Darin heißt es, Schülerinnen und Schüler sollen „in ihren individuellen Fähigkeiten und Begabungen, Interessen und Neigungen gestärkt und bis zur vollen Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit gefördert und gefordert werden“. Viele Eltern kommen denn auch zur Beratung, weil sie den Eindruck haben, ihr Nachwuchs sei unterfordert. „Die Kinder werden auffällig, weil sie sich in der Schule nur langweilen“, erklärt Begabungsberater Wilfried Manke. „Wir schauen dann, ob ein Kind nicht genügend bekommt, ob es mehr Anregung braucht.“

„Eliteförderung in Sonderklassen“sei damit nicht gemeint, betont Manke. „Wir versuchen das Problem des begabten Kindes innerhalb des Schulsystems zu lösen.“Und auch die Schulsenatorin selbst wehrt sich dagegen, daß die Beratungsstelle in die Nähe von „Elitebildung“oder „verstärkter Auslese“gerückt wird. Sie beruft sich auf „das individuelle Recht eines jeden Kindes auf die bestmögliche Förderung“. Mögliche Mittel innerhalb des Schulsystems seien etwa die frühere Einschulung oder das Überspringen einer Klasse. Darüber hinaus, so Manke, müsse eben geschaut werden, welche speziellen Talente eines Kind unterstützt werden sollten. „Enrichment“heißt hier sein Schlagwort, und darunter ist soviel zu verstehen, wie der zusätzliche Besuch der Jugendmusikschule oder die Teilnahme an einem Schülerwettbewerb.

Aufgesucht wird die Beratungsstelle bisher in erster Linie von Eltern. LehrerInnen lassen sich eher selten blicken. Dabei richtet sich das Angebot gerade auch an sie. „Wir setzen auf die Kooperation zwischen Elternhaus und Schule“, erklärt Manke. Denn oft klafften zwischen den Erwartungen von Eltern und denen der Lehrer Abgründe. „Da bieten wir dann auch Konfliktberatung an.“Mal seien die hochgesteckten Pläne der Eltern völlig überzogen, ein andermal sehe ein Lehrer eben nur die Schulnoten. Dabei seien schulische Leistung und Begabung zwei völlig verschiedenen Dinge. Denn: „Hochbegabte sind oft Schulversager!“

Um zu erkennen, welches Kind zu den Begabten dieser Welt gehört, bedient sich auch die Beratungsstelle äußerst klassischer Mittel. Eltern, die wissen möchten, ob ihr Kind ein kleiner Einstein ist, können ihren Sprößling einem IQ-Test unterziehen. Das, so beeilt sich Manke zu betonen, sei aber „nur eine Möglichkeit unter vielen, um Begabung zu entdecken“.

Beratungsstelle besondere Begabungen, Hammer Steindamm 42, 22089 Hamburg, % 20989490, Beratungszeiten montags bis donnerstags von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 15 Uhr