■ Vorlauf
: Männerbünde

„Gesucht wird ... die Schuld an der Vulkan-Pleite“, 21.45 Uhr, ARD

Dr. Friedrich Hennemann, Chef des Bremer „Vulkan“, weilte gerade mit Kanzler Kohl in China, als die unerfreuliche Kunde aus der Heimat zu ihm drang. Man hatte ihn gefeuert. Der Hintergrund: Es war ruchbar geworden, daß der Werftenkonzern 850 Mio. Mark EU-Gelder für den Aufbau Ost nicht in seine Tochterfirmen in der ehemaligen DDR investiert, sondern in seine Bremer Zentrale umgeleitet hatte. Was „Vulkan“ auch nicht rettete, aber der EU den größten Subventionsskandal in ihrer Geschichte bescherte und – neben Tausenden von Werftarbeitern – Hennemann den Job kostete.

So brisant Wirtschaftsskandale sind, filmisch bieten sie zumeist eine eher unerquickliche, überaus dröge Materie. Aber Wilfried Huismann, für seine investigativen Reportagen mehrfach ausgezeichnet, und Klaus Schlösser gelingt es, die „Vulkan“-Nummer ebenso akribisch wie unterhaltsam aufzudröseln. Nicht zuletzt, weil sich Hennemann, nicht eben uneitel, bereitwillig vor der Kamera in Positur stellt oder eigens für das Filmteam noch mal den Antritt einer Dienstreise im Privatflieger simuliert. Ganz wie in alten Zeiten.

Der Mann fühlt sich als Sündenbock. Womit er, so das Fazit des Films, nicht ganz schiefliegt. Denn offenbar war auch die „Vulkan“- Pleite eine Mischung aus Wirtschaftskriminalität, Provinzposse, Männerbünden und Schelmenstück, bei der so mancher seine Finger im Spiel hatte. Da gab es Vorgänge, die man schnöde Erpressung nennen könnte, eine Briefkastenfirma, die den Vulkan- Töchtern/Ost mysteriöse Rechnungen schickte und einen Mann bei der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sondervermögen (BVS), der von der trickreichen Umleitung der Subventionen mehr gewußt haben könnte, als sein Amt ihm eigentlich gestattete. Sagen will er dazu nichts. Dafür verfällt hier manch anderer Gesprächspartner in vielsagendes Stammeln. Und daß da einem hochrangigen EU-Kommissar und passionierten Hobbysegler die Werften besonders am Herzen liegen, ist ja nur allzu verständlich. Reinhard Lüke