■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Köllmann-Air Luneplate-Poitiers
Heute morgen habe ich Post gekriegt, einen richtigen Liebesbrief. „Liebe Rosi Roland“, stand da, „am 5. und 6. Dezember fliegen einige Herren aus Bremerhaven auf Kosten des Herrn Köllmann mit dem Privatjet des Herrn Köllmann von Bremen nach Süd-Frankreich, um dort das Futuroskop zu besichtigen. Es sind nicht nur Rotarier wie z.B. Oberbürgermeister Richter und sein Freund, der Baustadtrat Holm, sondern auch Bürgermeister Niederquell und die Herren Fraktionsvorsitzenden von CDU, AfB, SPD und Bündnis 90/Grüne. Die Herren wollen bei gepflegter Speis und gutem Trank das Futuroskop (ein großer Tourismus-Park zum Thema Zukunft, d.Red.) besichtigen und die Auswirkungen auf die Region studieren. Das wird zehn Tage vor der Ocean Park Präsentation natürlich noch einmal wichtige Aspekte für Bremen und Bremerhaven aufzeigen ...“
Siehe da, Reisen bildet. Warum haben die Bremerhavener Politiker sich nicht längst vergleichbare Projekte angesehen und kompetente Gutachten darüber machen lassen, könnte man fragen. Darf man diese reine Informationsreise vergleichen mit dem Trip der alten SPD-Stadtverordneten um den verdienten Richard Skribelka vom Sommer 1995, die kurz vor ihrer Abwahl nach Genua gejettet sind, um sich dort die italienische Variante des Ocean-Parks anzugucken?
Einen Bericht über die Erkenntnisse dieser Reise hat es nie gegeben, leider, außer daß die Herren beeindruckt waren, so daß die heutigen Stadtverordneten auf jeden Fall nochmal fahren müssen.
Aber vergleichbar sind die beiden Reisen wirklich nicht. Die Skribelka-Reisegruppe mußte ihre Reise selbst organisieren und – aus Fraktionsmitteln – zahlen. Sie hat auf die Gelegenheit, sich unabhängig zu informieren, freiwillig verzichtet.
Die neue Gruppe wird dagegen Luneplate-Poitiers-nonstop vom Köllmann-Jet geflogen. Und Köllmann hat für seine Reise-Gruppe neben der Besichtigung des Futuroskop noch ein Gespräch mit dem Geschäftsführer des erfolgreichen Parks arrangiert, der seine Arbeit hoffentlich loben wird. Wer wollte mehr? Den Versuch einer Beeinflussung können nur böswillige Gemüter darin sehen.
Ich hoffe, lieber anonymer Liebesbriefe-Schreiber, du siehst das genauso. Bevor ich nun aber eine Chiffre-Anzeige aufgeben muß, also hier die entscheidende Frage: Hallo Partner, bitte melden ... Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen