Heiliger Zorn, makellose Schönheit

■ Verblüffend frisch: Die Wiederaufführung der „Zauberflöte“mit Elizabeth Magnuson

Die Partie ist superschwer zu singen. Wer sie zu früh probiert, riskiert die Stimme. Der Spannung ist darum Sensationsgier beigegeben, wenn sie zum ersten Mal aus dem Dunkel der Nacht erklingt. Sind die Stimmbänder reif und stabil genug, fragt sich das Publikum?

So auch am Sonnabend bei der Wiederaufführung der Zauberflöte in Achim Freyers Inszenierung von 1982. Die junge US-Sopranistin Elizabeth Magnuson gab ihr Hamburg-Debüt als Königin der Nacht. Keine Opernrolle hinterläßt so viel Eindruck, keine ist so ins deutsche Sinnbildreservoir eingegangen. Und keine ist so kurz. Zwei Arien hat die Frau zu singen, die die Herzen erst einmal rührt. Um sie dann, in einer nicht ganz unproblematischen Wendung der Handlung, dem eisigen Hauch heiligen Zorns auszusetzen. Und makelloser Schönheit. Elizabeth Magnuson gehört nicht zu den amerikanischen Stimm-Maschinen. Sie singt gut timbriert, sicher und über weite Strecken mit dramatischem Ausdruck. Dennoch – Freunde schönen Gesangs sind bescheiden geworden – ließe sich gewiß noch ein wenig mehr machen aus dieser einzigartigen Mozart-Mischung von lavahafter Wut und kühl kalkulierter Propaganda.

Die 15 Jahre alte Inszenierung wirkte übrigens verblüffend frisch, sie ist etwas geliftet, heißt es. Die erstaunliche Lebensfähigkeit von Freyers Konzept liegt wohl auch darin, daß er Mozart/Schikaneder ernst nimmt, indem er das Hohle in diesen Heiligen-Hallen-Pathos der Eingeweihten in die Komödie zieht, die ohnehin überall in der Zauberflöte waltet. Ein schöner Abend. Stefan Siegert