■ Vorschlag
: Courtney Pine im Tränenpalast

Der Versuch in der letzten Ausgabe von Music Manual, die neueste Modefusion aus zwei Grundelementen, Jazz und HipHop, samt Unterarten wie Avantgarde, Drum 'n' Bass, Samples, Loops, Remixes und britischem Electronic-Dance in Worte zu fassen, gerät zur Worthülse: „Courtney Pine hat den Jazz innerhalb der zeitgemäßen Grooves wieder deutlich hervorgehoben, innovativen Jazz in mittlerweile traditionelle HipHop-Rhythmen gegossen.“ Und dabei handelt es sich ja noch nicht einmal um den Hype aus dem üblichen Presseinfo. Doch was soll's. Ist es der Wunsch nach kommerzieller Grenzüberschreiung (neudeutsch: Crossover) oder tatsächlich Kreativität, Experimentierfreude und Horizonterweiterung, wenn der schwarze Brite Courtney Pine, 1964 in London geboren, Anleihen bei Rap, HipHop und anderen schwarzen Popmusiken macht?

Seine jamaikanischen Eltern hatten jedenfalls absolut nichts mit Musik zu tun. In der Schule interessierte Courtney sich für Klarinette, lernte Mozart, entdeckte das Saxophon, spielte mit 16 in einer Ska- und Reggaeband. „Ich wurde mit Reggae groß, wollte aber Jazzmusiker werden. Sonny Rollins spielte etwas, was ich verstand, nämlich Calypso.“ Als 21jährige tourte Pine mit Art Blakeys Jazz Messengers, zu denen damals Wynton Marsalis gehörte, durch England, arbeitete kurz mit Elvis Jones.

1987 spielte Pine auf Alan Parkers „Angel Heart“-Soundtrack mit und stellte sich mit dem Debütalbum „Journey to the Urge Within“ beim Jazz Fest Berlin vor. Die britische Presse hielt ihm allerdings vor, sich zu sehr an John Coltrane zu orientieren. Auf den folgenden Platten – einige produziert von Delfeayo Marsalis – zeigte er immer mehr eigenes Profil, etwa bei der Vermischung von Jazz und Ska auf „Closer to Home“, der Produktion eines Tribut-Albums für Bob Marley. Die Kulmination von fast konventionellem Acid- Jazz-Quintett und gleich zwei scratchenden DJs erschien kürzlich als „Underground“. In Quincy Jones' Szene-Blatt Vibe hieß es: „Er bläst nicht nur, er ist der Wind.“ Diesen Erwartungen muß sich nun Courtney Pine stellen. Norbert Hess

Heute, 21 Uhr, Tränenpalast, Reichstagsufer 17