Karl Diehl zahlt für KZ-Häftlinge

Rüstungskonzern Diehl beginnt „Dialog der Versöhnung“. Materielle Hilfe für ehemalige Zwangsarbeiterinnen zugesagt – aber nur als unverbindliche Regelung  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – Die Leitung des Nürnberger Rüstungskonzerns Diehl ringt sich nach jahrzehntelangem Schweigen durch, die Rolle der Firma in der NS-Zeit zu bedauern und Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiterinnen zuzustimmen. Werner Diehl, der älteste Sohn von Seniorchef Karl Diehl und Mitglied im Verwaltungsrat des Familienunternehmens, kündigte bei seinem Aufenthalt in Tel Aviv gegenüber vier ehemaligen KZ-Häftlingen „freiwillige Hilfeleistungen“ für die Betroffenen an.

Für Herbert Wust, den Leiter des Büros der Diehl-Geschäftsführung, ist dies der Beginn eines „Dialogs der Versöhnung“. Wust hat sich zusammen mit Werner Diehl in Tel Aviv mit Hela Wolfowicz-Kantor, Ruth Kass, Hertha Pelzmann und Chana Zelmanowicz getroffen. Alle vier Frauen mußten bei Diehl im polnischen Peterswaldau, einem Außenlager des KZs Groß-Rosen, im Akkord Bombenzünder zusammenschrauben. Übereinstimmend hatten sie – wie berichtet – erzählt, daß dort die Meister der Firma Diehl an Mißhandlungen, Demütigungen und sogar Selektionen beteiligt gewesen waren. Die Frauen sind zum Teil heute noch gezeichnet von diesen Torturen.

„Da dies alles auf unserem Grund und Boden geschah, hat die Familie Diehl ihr Bedauern als menschliche Geste zum Ausdruck gebracht“, begründete Wust gegenüber der taz die Israel-Reise. Der Konzern sei bereit, „Möglichkeiten der materiellen Hilfe“ für die betroffenen Frauen zu leisten. Im Januar soll es eine weitere Gesprächsrunde geben. Wust stellte jedoch klar, daß Diehl keinesfalls offizielle Entschädigungszahlungen leisten würde, denn dies würde rechtsverbindlich zementieren, daß die Firmenleitung für konkret erlittene Schäden die Verantwortung übernehmen würde.

Gerade diesen Schritt ist weder die Familie noch die Diehl GmbH & Co bereit zu tun. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte Seniorchef Karl Diehl, der im Juli die Ehrenbürgerwürde der Stadt Nürnberg überreicht bekam, zunächst mit Schweigen reagiert. Nachdem aber nun im Nürnberger Stadtrat am Mittwoch über die Aberkennung der Auszeichnung beraten werden muß, entschloß sich der 90jährige zu einem offenen Brief. Darin beauftragt er einen Historiker mit der Untersuchung seiner Rolle in der NS-Zeit und drückt sein Bedauern über die Mißhandlungen der Häftlinge aus. Gleichzeitig betont Diehl, er wäre zum Einsatz von KZ-Häftlingen gezwungen worden, trüge dafür also keinerlei Verantwortung und hätte zudem den Menschen in seinen Betrieben „die relativ besten Bedingungen gegeben“.

Darüber kann die 76jährige Helene M., die ebenfalls als KZ- Häftling bei Diehl in Peterswaldau arbeiten mußte, nur den Kopf schütteln. Sie fordert die Firmenleitung auf, einen Fonds für alle Diehl-ZwangsarbeiterInnen einzurichten.