Erfolgswelle im Kinderkanal

■ Der ZDF-Fernsehrat entscheidet über sein zukünftiges Kinderprogramm

Muß „Theos Geburtstagsecke“ umbenannt werden? Es scheint so, denn die ZDF-Sendung, die jeden Nachmittag Kindern zum Geburtstag gratuliert, könnte schon bald nur noch am Wochenende zu sehen sein – dann nämlich, wenn sich der ZDF-Fernsehrat dafür entscheidet, sein Kinderfernsehen nur noch Samstag und Sonntag auszustrahlen.

In wenigen Tagen, am 12.Dezember, will der Fernsehrat darüber befinden. Der Grund für die mögliche Abkehr vom Prinzip der Grundversorgung liegt im Erfolg des gebührenfinanzierten, werbefreien Kinderkanals: Seit dem 1. Januar 1997 sendet er in Kooperation mit ARD und ZDF; bereits im November konnte er einen Marktanteil von 12,2 Prozent verbuchen.

Damit liegt der Kinderkanal – innerhalb seiner Sendezeit von sechzehn bis neunzehn Uhr – bei den Drei- bis Dreizehnjährigen schon auf Platz drei, hinter Super RTL mit 14,7 und Pro7 mit 13,2 Prozent. Wenn sich das ZDF auf diesen Erfolg berufen will, um sich vom eigenen Kinderfernsehen zu trennen, verstößt es jedoch gegen die Vereinbarungen, die den Kinderkanal erst möglich gemacht haben.

So hatten die Intendanten der ARD 1995 noch versichert, daß Kindersendungen in den anderen Programmen von ARD und ZDF durch den Kinderkanal nicht beeinträchtigt werden würden.

Möglicherweise aber soll die positive Bilanz des Kinderkanals genutzt werden, das öffentlich- rechtliche Kinderfernsehen eines Tages ganz hierher zu verlagern. Kinderkanal-Geschäftsführer Albert Schäfer scheut sich, dazu Stellung zu beziehen: „Ich glaube nicht, daß es so kommt. Die technische Reichweite des Kinderkanals liegt noch weit unter der Reichweite von den terrestrisch ausgestrahlten Sendern.“

Doch der Vergleich hinkt: Der Kinderkanal wird auch in Zukunft ausschließlich über Kabel und Satellit zu empfangen sein, denn Antennenfrequenzen werden nicht mehr vergeben.

Angesichts dieser Entwicklungen hat der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) bereits vor einiger Zeit Beschwerde bei der EU-Komission für Wettbewerb eingelegt. Nach Auffassung des VPRT verstoßen gebührenfinanzierte Spartenkanäle gegen das europäische Wettbewerbsrecht.

Albert Schäfer argumentiert da anders: „Die veränderten technischen Möglichkeiten haben zu veränderten Angebotsstrukturen geführt und auch zu einem anderen Rezeptionsverhalten. Der Kinderkanal ist eine Reaktion darauf. Und ein wichtiges Zukunftsprojekt der öffentlich-rechtlichen Sender.“

Diese grundsätzliche Debatte um öffentlich-rechtliche Sender und das Prinzip Grundversorgung interessiert private Konkurrenten allerdings herzlich wenig. Bernd Fronhoff, Geschäftsführer des Kindersenders Nickelodeon, dessen Marktanteil seit Juli zwischen 7 und 8 Prozent pendelt, führt den Erfolg des Kinderkanals auf Wettbewerbsverzerrung und darauf zurück, daß der Kinderkanal bei der Einspeisung ins Kabel automatisch Nickelodeon von seinem angestammten Sendeplatz verdrängt: „Das gab es noch nie, daß ein direkter Konkurrent einen Sendeplatz angewärmt hat und sich der Nachfolger ins gemachte Nest setzen konnte.“

Ungeachtet dieser Proteste brütet der Kinderkanal im neuen Nest derweil über einer Premierenoffensive.

So soll es im nächsten Jahr neben Thementagen und einer wöchentlichen Kinder-Soap eine tägliche Zwei-Minuten-Sendung mit einer öffentlich-rechtlichen Geheimwaffe geben: „Raumschiff Erde – Mit Peter Lustig auf der Umlaufbahn“. Ania Mauruschat