Revolutionär wie Bill Gates, nicht wie Fidel Castro

■ Die Parteispitze der FMLN in El Salvador will die ehemalige Guerilla zur Volkspartei wandeln

San Salvador (taz) – Der Coup war gut vorbereitet, und er ist gelungen: Facundo Guardado hat sich an die Spitze der „Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti“ (FMLN) geboxt. Beim Parteitag am vergangenen Wochenende wurde der Protagonist des sozialdemokratischen Flügels der ehemaligen Guerilla zum neuen Koordinator gewählt. Der linke Parteiflügel um Shafik Handal, den ehemaligen Generalsekretär der Kommunistischen Partei, ist geschlagen.

Der 43jährige Guardado verdankt sein Amt nicht seiner Popularität innerhalb der Partei, sondern einer strategisch klugen Vorbereitung des Parteitags. Eineinhalb Jahre lang hatte er Wühlarbeit in der Provinz geleistet. Es war ihm nicht sehr schwer gefallen, die Führungskader der Hauptstadt mieszumachen, die dort an öffentliche Ämter angebunden waren. Guardado profilierte sich als Mann der Basis, der nur die Grundschule abgeschlossen hatte und es als Campesino während des Krieges zu einem der ranghöchsten Comandantes gebracht hatte.

Kurz vor dem Kongreß schaffte es Guardado als erster FMLN- Mann, sich der rechten Presse des Landes für seitenlange Interviews anzudienen. Als Gegenleistung verabschiedete er sich von seiner revolutionären Vergangenheit: „Wir haben uns damals getäuscht. Aber irren ist menschlich.“ Das kubanische Modell und Fidel Castro seien ewiggestrig und dem Untergang geweiht. Heute sei ein anderer Typ von Revolutionären gefragt. Microsoft-Chef „Bill Gates etwa ist ein solcher Revolutionär“.

Beim Parteitag selbst „halfen“ Guardados Anhänger dann den Delegierten, das komplizierte Wahlsystem zu durchschauen, indem sie schon vorgefertigte Wahlscheine zum Abschreiben verteilten. Der bisherige Koordinator Leonel González und der FMLN-interne Antikorruptionsbeauftragte Milton Mendez als Protagonisten der Parteilinken tauchten in diesen „Vorschlägen“ gar nicht erst auf.

Was dieser Sieg bedeutet, machte Guardado in seiner Abschlußrede klar: Er will die FMLN von einer sozialrevolutionären Bewegung zu einer Volkspartei machen und damit die Präsidentschaftswahl 1999 gewinnen.

Als wäre er schon im Wahlkampf, nahm er als erstes vor den Fernsehkameras sein Töchterlein auf den Arm und küßte seine blonde US-amerikanische Frau. Dann erklärte er den Delegierten, was Sozialismus für ihn bedeutet: „Gleiche Möglichkeiten für alle und Gleichheit vor dem Gesetz.“ Mehr nicht.

Die Parteilinke war geschockt. „Wir müssen schon morgen damit beginnen, das verlorene Terrain zurückzuerobern“, sagte Milton Mendez. Der interne Konflikt in der FMLN, der eineinhalb Jahre lang auf kleiner Flamme gehalten wurde, beginnt jetzt erst richtig. Aber voraussichtlich werden dennoch alle versuchen, bis zur Präsidentschaftswahl nach außen hin Einheit zu demonstrieren. Denn immerhin liegt die FMLN in der Wählergunst derzeit vorn. Toni Keppeler