Blumenthal, ein diplomatischer Taktiker

■ Der neue Direktor des Berliner Jüdischen Museums stellte sich vor

Berlin (taz) – Eines ist jetzt schon klar: Er ist ein geschickter Diplomat. Als der neue Interimsdirektor des Jüdischen Museums in Berlin, Michael Blumenthal, sich gestern der Öffentlichkeit vorstellte, sagte er nichts. Fast nichts. Jedenfalls nichts darüber, wie das Museum, das 1999 im Daniel-Libeskind-Bau in Berlin-Kreuzberg eröffnet wird, konzipiert sein soll. Und er äußerte sich auch nicht über den monatelangen Streit des mittlerweile von der Berliner Kulturverwaltung geschaßten Museumsdirektor Amnon Barzel.

„Ich habe kein Konzept“, sagte der US-Amerikaner und ehemalige Finanzminister unter Jimmy Carter, ganz schlicht und lächelte. Er wolle in den den nächsten Monaten erst einmal „hören und lernen“. Und mit vielen Menschen sprechen: Museumsexperten, Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde, der Senatsverwaltung für Kultur. Dem 71jährigen, der weiterhin in den USA leben, aber einmal im Monat nach Berlin kommen will, ist es wichtig, „eine Brücke zu den unterschiedlichsten Menschen zu bauen“, wie er sich salomonisch ausdrückte. „Weil ich mir bewußt bin, daß Berlin ein gebührendes Jüdisches Museum haben soll“.

Und Kultursenator Peter Radunski (CDU) machte gestern ein zufriedenes Gesicht, als Blumenthal meinte, ihn interessierten die Kontroversen über Amnon Barzel gar nicht: „Ich möchte nicht in der Vergangenheit rumwühlen“, sagte er. Und schwieg.

Doch dann wurde Blumenthal, der 1926 in Oranienburg geboren und mit seiner Familie 1939 zuerst nach Shanghai und dann in die USA emigrierte, doch noch ein bißchen konkreter. Er betonte, daß er den Job als Interimsdirektor nicht angenommen hätte, wenn ihm kein autonomes Handeln von Kultursenator Radunski zugesichert worden wäre. Genau aus diesem Grund war Amnon Barzel jedoch von der Kulturverwaltung im Sommer dieses Jahres entlassen worden – weil er immer wieder öffentlich darauf bestanden hatte, daß das Museum autonom existieren müsse. Das Jüdische Museum, das im Moment lediglich eine Abteilung der Stiftung Stadtmuseum ist und bis zum Umzug im Martin- Gropius-Bau residiert, soll jetzt eine „unselbständige Stiftung mit eigenem Stiftungsrat innerhalb der Stiftung Stadtmuseum“ werden – eine Kompromißlösung, die die Kulturverwaltung schlucken mußte, als auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, immer energischer protesierte. Im Stiftungsrat sitzen jetzt unter anderem Vertreter der Jüdischen Gemeinde, der Akademie der Künste und der Kulturverwaltung.

Politisch hält sich Blumenthal vorerst zurück. Für allgemeine Statements ist er nicht zu haben. Auf die Frage eines Journalisten nach der fehlenden Entschädigung für jüdische Zwangsarbeiter sagte er nur: „Ich gebe keine Kommentare zu der Politik in Bonn ab.“ Und schwieg. Julia Naumann