Blinder Spar- und Kürzungswahn

■ betr.: „Jede Mark ist eine Mark zu viel“ (Holocaust-Überlebende), „Raus mit dem Milliarden“ (Euro fighter), „Ohne Preis kein Fleiß“ (StudentInnenproteste) u.a., taz vom 27.11. 97

Es ist erstaunlich, mit welcher Gelassenheit man in Bonn der um sich greifenden Krise in Deutschland begegnet. Die ständig anwachsenden Haushaltslöcher versucht man verzweifelt durch einen blinden Spar- und Kürzungswahn zu stopfen. Man greift hierbei auf Töpfe zurück, die eigentlich unantastbar sein sollten, da es sich in der Regel um Mittel handelt, die dem durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Mitbürger zugute kommen sollten. Jene Menschen also, für die der Staat in besonderer Weise verantwortlich sein sollte, müssen nun die Lasten tragen, die durch verfehlte Politik erst entstanden sind.

Mit der größten Ignoranz blickt man auf die Sorgen und Nöte der sozial schwachen Familien, der Arbeitslosen, Rentner und Studenten und ohrfeigt diese mit milliardenschweren Prestigeobjekten (Eurofighter, Transrapid, Parlaments- und Regierungsbauten in Berlin) und Steuerschlupflöchern für Einkommensmillionäre. Der Sozialstaat ist längst eine Farce, die Glaubwürdigkeit der Politiker auf dem Tiefststand und die Bonner Grabesruhe Ausdruck für verzweifelte Ratlosigkeit. Herbert Schoemig, Würzburg