Stolpe-Termin ersessen

■ Demonstration in Stuttgart. In Potsdam besetzten Studenten das Büro von Stolpe

Berlin (taz) – Während die Studenten der Universität in Frankfurt am Main gestern nach vierwöchiger Dauer ihren Streik beendeten, setzten sich die Proteste in anderen Städten fort. In Stuttgart demonstrierten mehrere tausend Studenten für bessere Studienbedingungen. In einem Demonstrationszug zogen die aus ganz Baden-Württemberg angereisten Studierenden mit Trillerpfeifen und Trompeten durch das Stadtzentrum. Auf Plakaten forderten sie „Lehrkörper statt Flugkörper“ und fragten: „Müssen wir zum Studieren erst eine Bank ausrauben?“

In Potsdam besetzten rund 30 Studierende das Büro von Ministerpräsident Manfred Stolpe im Potsdamer Landtag. Nach mehreren Stunden ersaßen sie sich schließlich die Zusage Stolpes, sich heute mit einer studentischen Delegation zu treffen. „Da werden wir ihm das Messer auf die Brust setzen, bis er sich zu einem Gespräch mit der gesamten Studierendenschaft bereit erklärt“, sagte eine Sprecherin des Streikkomitees. Die Potsdamer forderten Stolpe auf, die geplanten Kürzungen im Hochschulbereich zurückzunehmen.

Bei der Besetzung des Präsidialamtes der Freien Universität wurde mit ihren Berliner Kommilitonen weniger kulant umgegangen. Nach einigen Stunden hat die Polizei das Gebäude geräumt. Gegen die 150 bis 200 Studenten sind auf Antrag von FU-Präsident Johann Gerlach Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch erteilt worden.

Unterdessen hat Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers die Länder zu einer gemeinsamen Lösung für das Bafög aufgerufen. Eine Woche vor dem Ministerpräsidententreffen erklärte er sich zu Gesprächen bereit, „um in letzter Minute noch zu einer Übereinstimmung zu kommen“. Der Trend sinkender Förderzahlungen müsse gebrochen werden. Bund und Länder stünden in gemeinsamer Verantwortung. Man sei sich einig, das die Studienchancen junger Menschen auch in Zukunft nicht von sozialer Herkunft und dem Einkommen der Eltern abhängen dürften. Der sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer forderte, wenn schon keine einheitliche Bafög-Vorlage erstellt werden könne, müsse das alte Bafög-Gesetz wenigstens reformiert werden. Reportage Seite 13