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StudentInnen beißen nicht

■ An der TU stellte sich Wissenschafts-Staatssekretär Erich Thies der Diskussion. Er übernahm die Verantwortung, zeigte kein Verständnis für den Protest und kam trotzdem glimpflich davon

Wenn StudentInnen zum Roten Rathaus oder zum Amtssitz des Wissenschaftssenators ziehen, lassen Eberhard Diepgen oder Peter Radunski die Türen verrammeln und die Polizei aufmarschieren. Am Dienstag abend wagte sich zum ersten Mal seit Beginn der Protestbewegung ein verantwortlicher Politiker vor die StudentInnen: Wissenschafts-Staatssekretär Erich Thies (CDU) erläuterte im voll besetzten Audimax der TU die Haltung des Senats. Er wird seinen Vorgesetzten berichten können: Die StudentInnen beißen nicht.

„Vielen Dank, daß Sie gekommen sind“, sagte artig ein Student aus dem Auditorium. Ein anderer redete den Staatssekretär brav mit „Herr Professor Doktor Thies“ an. So konnte sich der Staatssekretär am Schluß „für die rationalen Teile der Diskussion bedanken“.

Mitgebracht hatte er wenig. Nicht einmal in den üblichen „Schulterklopf-Gestus“ mochte er den StudentInnen gegenüber verfallen. „Daß ich Verständnis habe“, wollte Thies „nicht sagen“, weil er als Politiker schließlich „die Verantwortung für die Situation übernehmen“ müsse. Leicht fiel ihm das nicht. „Daß der Hochschulbereich unterfinanziert ist, hab' ich schon seit Jahren gesagt“, jammerte er. „Meine Aufgabe ist es, mich für eine günstigere Verteilung der Mittel einzusetzen.“

Die FinanzpolitikerInnen, die angeblich an allem schuld sein sollen, saßen leider nicht auf dem Podium. So fand sich der SPD-Abgeordnete Christian Gaebler, früher im TU-AStA hochschulpolitisch aktiv, „in der blöden Rolle als Vertreter einer Regierungspartei“ wieder. Nicht ohne freilich den Schwarzen Peter an seinen bündnisgrünen Parlamentskollegen Anselm Lange weiterzuschieben. Noch düsterer sähe es an den Unis aus, „wenn die Finanzsenatorin Michaele Schreyer heißen würde“.

„Wo würden denn die Grünen einsparen?“, wollten auch StudentInnen wissen. „Ganz eindeutige politische Entscheidungen“, negierte Lange den Sparzwang, „haben uns in diese Pleite geführt.“ Ein Teil des Auditoriums fand, damit sei „die Frage noch nicht beantwortet“. Es dauerte einen Moment, bis Lange sich mit der ungewohnten Situation vertraut gemacht hatte, daß sich nicht Thies, sondern die Opposition rechtfertigen mußte. Als er zu einer kämpferischen Tonlage zurückfand und die Abschaffung von Vermögenssteuer und Gewerbekapitalsteuer attackierte, erntete er Jubel.

Vielleicht hängt das höfliche Desinteresse der StudentInnen auch damit zusammen, daß sie sich von der Politik ohnehin nichts mehr erwarten. Viel Beifall fand ein Redner, der mit Blick aufs Podium meinte, „auf dieses Gelaber können wir verzichten“. Seinem Aufruf, die DiskutantInnen „entweder alleine zu lassen oder hinauszuwerfen“, mochte jedoch kaum jemand folgen. Daß sich der Saal danach trotzdem ein wenig leerte, war eher der bereits recht fortgeschrittenen Stunde zuzuschreiben.

Über die radikaleren Forderungen freute sich vor allem Manfred Kappeler, Jugendforscher am Fachbereich Erziehungswissenschaften. „Ich bin ganz gespannt auf die nächsten Tage und Wochen“, sagte er unter heftigem Applaus der StudentInnen, „zum Glück kann niemand vorhersagen, wie sich die Bewegung entwickelt.“ Ralph Bollmann

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