Kein Bänderriß beim Verblödungssender

■ Ein Angebot zur Versöhnung von Privatheit und Profession bei Helge Schneider

Bei der Umfrage unter Autoren, wer – anläßlich seiner Konzertserie im Schmidts Tivoli – denn was über Helge Schneider schreiben wolle, war die stereotype Antwort: „Was soll man über den denn noch schreiben, außer, daß seine neue Platte noch nicht draußen ist?“

Seit der Helge als Thomas Gottschalks Lieblingsgast in dessen Abschluß-Nachtschow aller Welt endgültig beweisen konnte, daß die humorige Subkultur in seiner Person den Spagat vom Kiezclub zum Verblödungssender ohne Bänderriß übersteht, verbieten sich auch die letzten Ehrenrettungen und Verteidigungen gegen eine Meute, die noch immer der Meinung ist, daß der Schneider ein schlechter Entertainer ist, der doch eigentlich gar nichts kann.

Und nachdem alle, die bei seiner Bootsfahrt zum Start der Comeback-Tour dabei waren, auch nichts zu Papier brachten, was etwas davon transportierte, was Helge Schneider ist, ohne beim Schreiben in dessen höchsteigene Disziplin zu verfallen, seit dem ist klar: Schreiben über Helge Schneider macht keinen Sinn mehr.

Das würde ihm gefallen, aber auch wieder nicht. Denn ist er nicht unermüdlich dabei, jedes Interview auf den Punkt zu führen: „Alles blöde Fragen. Kommt zum Konzert. Ich habe hier nichts zu sagen“ (diese Strategie hatte bereits dazu geführt, das Hans-Herrmann Tiedje bei den seligen Einstellungsgesprächen für das Unterhaltungsressort bei Tango die Delinquenten mit der stereotypen Frage konfrontierte, was sie machen würden, wenn Helge Schneider in einem Interview nichts mehr sagen wolle). Andererseits, was wäre ein Verstummen der deutschen Informationsträger zum Produkt Schneider für ein Verlust an Stilblüten und Publikum, ohne das auch der schnittigste Entertainer nichts wird (außer Wirt).

Deswegen an dieser Stelle ein mehr allgemeiner Ratschlag zur Lebensführung: Da sich Helge Schneider offensichtlich in der Schnittmenge von Profession und Privatheit, also bei Presseterminen, nicht leiden mag, wäre es doch das vielleicht allerbeste, man gäbe ihm den redaktionellen Platz zur freien Verfügung, damit er sich selbst ankündigt.

Für diesmal kam die Idee zu spät. Nächstes Mal versuchen wir's mal.

Till Briegleb

Mo-So, 20 Uhr, Tivoli