■ Scheibengericht
: Bukowitz

Mother Tongue – Music of the 19th Century Klezmorim (Koch/ Schwan 3-1261-2)

Will man zu einem authentischen Klangbild vorindustrieller Volksmusik vorstoßen, muß man bisweilen den Dorfdepp spielen. Denn traditionelle Musik war nicht immer so feingestimmt und hochpoliert, wie sie uns heute präsentiert wird. Die amerikanisch- europäische Klezmerband Bukowitz schreckt davor nicht zurück. Die fünf Virtuosen um den Hackbrettspieler und Akkordeonisten Joshua Horowitz bürsten die alten Tanzmelodien gegen den Strich, um die kulturelle Normierung zu durchbrechen, die das ästhetische Empfinden seit Anfang dieses Jahrhunderts durch „perfekte“ Musik von Schallplatte und Radio erfahren hat. Bukowitz wendet sich gegen den Terror des Schönklangs und spielt Klänge voll archaischer Wildheit und ekstatischer Demut. Da werden rhythmische Schwankungen und melodische Verschleifungen als Stilmittel eingesetzt. Es gibt Dissonanzen, Quertöne und „schräge“ Harmonien. Melodien werden gegeneinander gespielt, variiert und ornamentiert. „Die Grenze zum Chaos fürchten wir nicht, wir kultivieren sie“, sagt Joshua Horowitz. Mit Bukowitz hat er begonnen, das musikalische Alphabet der Gegenwart rückwärts zu buchstabieren, wobei eine Musik zum Vorschein kommt, die durch Intensität und Spiritualität besticht.