Aus dem Osten kommt das Licht

■ Die Außenwirtschafter der DDR kennen die osteuropäischen Länder: Berliner Wirtschaftssenator fördert sie, um Exporte zu steigern

Berlin (taz) – Die Liason von Wirtschaft und Politik sieht in Berlin so aus: gemeinsam dümpelt es sich besser. Die Stadt ist pleite, und die Wirtschaft lahmt, was man Elmar Pieroth nicht erzählen muß. Als vormaliger Finanz- und jetziger Wirtschaftssenator war und ist er aktiv auf beiden Feldern. Daß ihm immer weniger Lust auf seinen Politjob nachgesagt wird, verwundert kaum, da der Aufschwung ausbleibt. Doch Hoffnung glimmt in jeder Finsternis. Für Pieroth heißt das: Ex oriente lux, das Licht aus dem Osten soll Berlin als „Ost- West-Kompetenzzentrum“ neu erhellen. Immerhin gehen 14,5 Prozent des Berliner Exports in Richtung Osten, 18.000 Arbeitsplätze hängen daran.

Wie nah die Ost-Kompetenz sein kann, merkte der Senator vor einiger Zeit, als er von den in Ostberlin lebenden 15.000 ehemaligen Außenhändlern erfuhr. Deren Reaktivierung zum Wohle der Exportwirtschaft kam Pieroth fortan nicht aus dem Sinn. Was mit einem Treffen für Asien-Spezialisten und interessierte Firmen begann, wurde am Dienstag abend mit einer Kontaktbörse für Osteuropa- Experten fortgesetzt.

Die Resonanz auf die Einladung an rund 4.000 Unternehmen in ganz Deutschland zeigte, daß Nachfrage nach dem „riesigen Potential an ostdeutschem Fachwissen“ (Pieroth) besteht. Allein 120 Firmen hatten Vertreter ins Haus der russischen Wissenschaft und Kultur geschickt, wobei die meisten nicht aus Berlin kamen. Aus Flensburg, Bremen, Göttingen, Leipzig stellten sich Unternehmer vor – vom Spezialmaschinenbauer bis zum Kfz-Zulieferer und Fleischwarenproduzenten. Darunter auch Großunternehmen wie die englische TI Group, die weltweit Milliardenumsätze macht und für den Ausbau ihres Ostgeschäfts Verkäufer, Vertriebsleute und Kontaktvermittler für Joint-venture-Projekte sucht. Als Finanzdienstleister dafür bot sich wiederum ein türkisches Unternehmen an.

Während Pieroth dem marktwirtschaftlichen Treiben mit stiller Befriedigung zusah, registrierten die anwesenden Außenhändler die Suche-Biete-Offerten der Unternehmer etwas verhaltener. Wurde doch meistens klar, daß auf feste Jobs kaum Hoffnung besteht. Immer wieder gewünscht: Verkäufer auf Provisionsbasis und Kontakter zu russischen oder osteuropäischen Firmen. Da wurde es also wieder verlangt, das von Pieroth so gelobte „hohe Maß an Anpassungsbereitschaft“ der Ostler.

Für einen ehemaligen Außenhandelskader könnte die Personalbörse allerdings einen Topjob bringen. Die Berlin-Chemie, früher drittgrößter DDR-Pharmaproduzent und heute zu einem italienischen Konzern gehörend, sucht einen Geschäftsführer für ihre Moskauer Tochterfirma. Manager Klaus-Jürgen Schlabe hat hohe fachliche Anforderungen, aber keine Image-Vorbehalte: „Schließlich war ich früher selber Außenhändler.“ Einige alte Kollegen hat er hier getroffen: als Arbeitsuchende. Gunnar Leue